Full text: Österreich-Ungarn, Balkan, Orient (Bd. 1)

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Stephan ein, in sein Land zu kommen. Er wollte in ihnen eine feste Stütze 
gegen den oft ungehorsamen magyarischen Adel finden. Seinem Thronfolger 
aber gebot er in seinem Testament: „Tin Reich von einerlei Sitte und Sprache 
ist kraftlos und gebrechlich. Darum sollst du sie günstig aufnehmen und halten, 
damit du nicht verdirbst, was ich aufgebaut habe, und nicht zerstreust, was 
ich gesammelt habe." Um 1150, also in der Zeit der Kreuzzüae und der hohen- 
staufen, lud wieder Geisha II. deutsche Einwanderer ein, sich im Südosten seines 
Staates anzusiedeln. Die Deutschen standen ja damals an der Spitze aller 
europäischen Völker. Ihre Könige waren römische Kaiser, ihre Kaufleute 
fehlten auf keinem Markte der damals bekannten Welt. Sie hatten Städte 
gegründet, trieben Land- und Bergbau und waren erfahren in allen Künsten 
des Friedens. Die drei Stände: Adelige, Bürger und Lauern, hatten sich bisher 
glücklich nebeneinander entfaltet, wenn sie nun nicht untereinander in heftigen 
Wettstreit geraten sollten, mußten neue Auswanderungsgebiete erschlossen 
werden. Das dünnbevölkerte Ungarland aber konnte große INenschenmassen 
aufnehmen, und der ungarische König belohnte gern treue Dienste mit weiten 
Strecken unbenutzten Landes. So folgten denn auch große Scharen deutscher 
Einwanderer der königlichen Einladung, und es wurden etwa gleichzeitig die 
Zips (südöstlich der Tatra), der spätere Hermannstädter Gau und das Nösener 
Land (um Bistritz) besiedelt. Es waren hauptsächlich Franken von der Mosel 
und vom Niederrhein Wandrer), die an den Karpathenhängen den Kampf mit 
der Wildnis eröffneten. Den Namen „Sachsen" erhielten sie von den Ungarn, 
die ihn noch von 933 und 955 her in unliebsamer Erinnerung hatten. Ivie 
mögen die noch halb barbarischen Magyaren die Tätigkeit ihrer neuen Nach- 
barn angestaunt haben, die die Einöde in kürzester Zeit in wohlgepflegtes Land 
verwandelten! Seltsam erschienen ihnen vor allen Dingen die deutschen Burg- 
gründungen mit den steinernen Häusern, da sie selbst keine einzige Stadt im 
Reiche besaßen und sogar hölzerne Häuser noch selten waren. Siebenbürgen 
soll ja nach den ersten sieben Burgen, nach anderer Auslegung allerdings nach 
dem durchfließenden Zibinbache seinen Namen erhalten Habens. Als freie 
Männer berief König Geisha die Sachsen nach Siebenbürgen. Er gewährte 
ihnen auf Sachsenboden das Bürger- und das Selbstbestimmungsrecht. Sie 
durften ihre Geistlichen und alle ihre Beamten aus den eigenen Volksgenossen 
wählen. Nur die Grafen, die als Nichter und Heerführer an der Spitze der 
Sachsengaue standen, wurden als Sendboten des Königs von diesem selbst be- 
rufen Außerdem ließ der neue Oberherr den Einwanderern ganz besonderen 
Schutz angedeihen. Wofür das alles? Sie sollten, wie einst unter Stephan dem 
heiligen, ein Gegengewicht und eine Stütze des Königtums gegen den selbst- 
herrlichen Adel bilden. Sie sollten, in den königlichen Heerbann eingereiht, 
einen bewaffneten Schutz gegen feindliche Einfälle an der Südgrenze darstellen. 
(Endlich aber sollte ihre Arbeits- und Schaffenskraft dem ganzen Lande zugute 
kommen. Kurz, sie wurden „ad retinendam coronam — zum Schutze der Krone" 
herbeigerufen, wie die stolze Inschrift auf einem alten sächsischen Siegel besagte. 
Nach etwa 50 Jahren nahm der König Andreas II. neue deutsche Ansiedler 
x) „Was sie hier schufen, erschien so seltsam, daß bald auch die Sage ihr Erscheinen 
in dieser wildfremden Welt als Wunder darstellte: der Rattenfänger von Hameln führt 
die Kinder in den Poppenberg, und in Siebenbürgen spinnt sich die Sage fort? sie weiß 
genau Bescheid über die höhle, wo die Kinder aus Hameln ins Land gekommen sind", 
schreibt Rorodt (Siebenbürgen, Land und Leute).
	        
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