Full text: Aus dem Deutschen Reiche (H. 1)

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Helgoland, früher zu Schleswig gehörend, 1807 bis 1890 in 
englischem Besitze, jetzt preußisch, umfaßt insgesamt einen Flächenranm von 
0,62 qkm und wird von etwa 2500 protestantischen Friesen bewohnt. 
In seiner Abgeschlossenheit vom Festlande hat der Helgoländer den alten 
Friesengeist trotz aller politischen Wandlungen treu in sich bewahrt: er ist 
verschlossen und mißtrauisch, selten zu heiteren Scherzen geneigt; aus seinem 
dnrchwetterten Gesichte sprechen Entschlossenheit, Willenskraft und trotzige 
Kühnheit, und seine phlegmatische Ruhe läßt ihn auch mitten in den stürmischen 
Wogen des Meeres kaltblütig und gelassen bleiben. Die Muttersprache 
der Helgoländer ist eine rein niederdeutsche (dem Holländischen verwandte) 
Mundart, gelegentlich mit dänischen und englischen Ausdrücken vermischt 
(Warum?). Die Namen beispielsweise der Tage sind Söndai, Mondai, Teisdai, 
Medweken, Thönnersdai, Freidai und Sonninn. Die Vornamen sind echt 
friesisch. An Männernamen finden tvir z. B. Bad, Nan, Rummel und Rördt; 
gebräuchliche Franennamen sind Dnlke, Meike, Pontje, Tütje, Wibke n. a. 
Die Erwerbsquellen der Helgoländer sind das Seebad, der Fischfang (besonders 
Schellfisch-, Hummer- und Ansternfang) und der Lotsendienst. Sie gewähren 
dem Erwachsenen eine jährliche Einnahme von ungefähr 800 Mk. Armut 
kommt trotz dieses geringen Verdienstes — der Helgoländer lebt überaus einfach 
(Kartoffeln und Fische!) — auf der Jusel kaum vor, und Bettler sind unbekannt. 
Dabei sind die Bewohner mit einer Liebe zu ihrer Heimat erfüllt, wie sie bei 
keinem anderen Volke stärker ausgeprägt sein kann. Und wäre es ihnen nicht 
um das Geld, das die Fremden ans ihrer Insel lassen, und das ihnen gestattet, 
häufiger als sonst znm Tanze, „ihren höchsten aller irdischen Genüsse", zu 
gehen, sie wären es wohl zufrieden, wenn ihr heimatlicher Felsen wieder in 
die Vergessenheit zurücksänke, ans der ihn Siemens durch die Eröffnung des 
Seebades im Jahre 1826 gezogen hat. 
Helgoland ist eine ursprüngliche Insel; denn es ist auf dem Meeres¬ 
grunde entstanden und niemals mit dem Festlande verbunden gewesen. Die 
Düne ähnelt bezüglich ihrer Entstehung gewissermaßen den festländischen 
oder Kontinentalinseln; denn sie ist durch oberflächliche Abtreunnng (freilich 
nicht von der Küste) entstanden. Weiter veranschaulichen die beiden Inseln 
recht schön die zwei Hauptformen der Küste (Flach- und Steilküste) und 
bietet Helgoland Veranlassung, der Küstenzerstörung, die Düne aber, der 
Küsten Vergrößerung zu gedenken.
	        
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