168 Zeitalter des Territorialsystems.
auch Freie an, sogar niedere Adelige; aus beiden entwickeln sich die
Patrizier, die dann meist Großgrundbesitzer,Großindustrielle und Großkauf-
leute find, während die Plebejer (Kleinkaufleute, Handwerker, Gütler u. dgl.)
sich zu Zünften organisierten. Die Regierung führt anfangs der Grundherr
selbst, meist aber sein Stellvertreter (Burggraf, Stadtvogt), der die
sog. alten Grafenrechte ausübt. Als durch die Ottonen Verbindungen mit
Italien hergestellt werden, blüht der Kandel wieder empor und die Städte
werden nach und nach wohlhabend. Eine Quelle dieses Wohlstandes war
vor allem das Markt- und Stapelrecht. Das Marktrecht gestattete den
Einwohnern einer Stadt, einen ständigen, regelmäßigen Markt abzuhalten,
der selbstverständlich viel Geld einbrachte, Handel, Verkehr, Industrie hob!
die Geldwirtschaft beförderte, das Münzwesen ausbildete u. dgl. Noch wichtiger
war das Stapelrecht: es bestimmte, daß gewisse Waren nicht über den
betreffenden Ort hinaus befördert und verkauft, sondern eine Zeit lang
an ihm „gestapelt" (= niedergelegt; daher der Name „Niederlage") werden
mußten. Leipzig z. B. bekam das Stapelrecht für Rauchwaren
(= Rauhwaren — Pelze); also durften alle von Osten kommenden Pelz-
waren nicht über Leipzig hinweg, d. h. nicht von Nowgorod in Rußland
nach Paris direkt verhandelt werden, sondern der Nowgoroder oder Dan-
ziger Händler mußte sie in Leipzig „stapeln" und au die Leipziger Händler
verkaufen; von diesen konnte sie dann der Pariser Händler erstehen und
weiter befördern. So ist der berühmte Pelzzwischenhandel Leipzigs entstanden.
Als die Städte reich wurden, suchten sie sich dem Hofrecht der Grund-
Herren zu entziehen. Wo ein mächtiger Landesfürst in der betreffenden Stadt
seinen Sitz hatte, gelang das selten oder gar nicht; sie blieben Landstädte
(z. B. Berlin, München, Wien, Stuttgart u. a.). Wo aber ein kleinerer Fürst
oder Bischof Grundherr war, gelang es in der Regel, wenn der betreffende
Grundherr mit dem Kaiser in Streit lag; denn dann halfen die Städter dem
Kaiser reichlich mit Geld und Mannschaften und erhielten dafür die Weichs-
Unmittelbarkeit, d. h. der Kaiser nahm das „Hos- und Grafen- oder Vogt-
recht" vom Grundherrn an sich selbst und ließ es durch einen von der Bürger-
schaft gewählten Wat mit einem Schultheiß oder Bürgermeister an
der Spitze ausüben. Diese Oberhoheit des Kaisers war meist nur ein
leerer Name und verpflichtete die Städte höchstens zum Zahlen, das aller-
dings mitunter ausgiebig: dafür aber erhielten sie zahlreiche Privilegien,
Monopole, eigenes Münzrecht u. dgl., so daß sie sich nach und nach ganz
selbständig regieren konnten.
Im 14. Jahrh. war ihre Macht bereits so groß, daß sie sich trotz
des von den Fürsten erwirkten Verbotes zu großen Städtebündnissen ver-
einigten und Anteil an der Reichsregierung verlangten. Solche Vereint-
gungen waren: der Rheinische und der Schwäbische Städtebund
sowie die
Kansa. Nach den neuesten Sprachforschungen bedeutet das altflämische
Wort Hansa = Abgabe; also hat die Hansa ihren Namen von der regel¬
mäßigen Abgabe (Beisteuer) an die Bundeskasse, wodurch mau sich die Mit-
um gliedschaft erkaufen konnte und mußte. Die Hansa umfaßte in ihrer besten
1350 Seit über 90 Städte mit Niederlagen von Nowgorod am Jlmensee in Ruß-
laud bis Brügge in den Niederlanden. Vorort war Lübeck; außerdem