Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte

von der Reformation bis zum Zeitalter Ludwigs XIV. 445 
behandelte, war mehr Philosoph als Dichter, wie sein Versuch über den Men¬ 
schen beweist; nur Thomson's Jahrszeiten enthalten die wahrhaft poetischen^,'",43" 
Naturschilderungen eines gemüthlichen, empfänglichen Dichters. Poungs Nacht¬ 
gedanken oder Klagen über Leben und Tod sind philosophische Betrachtungen 
in dem schwermüthigen Ton der alten Volksdichtung. — Dagegen wurde die leichte 
Prosa durch anziehende Unterhaltungsbücher zu hoher Vollkommenheit gebracht. 
Swift deckte in seinen satirischen Erzählungen (Gulliver's Reisen in Lilli- Swift 
put; das Mährchen von der Tonne) alle Widersprüche und Verkehrtheiten 
seiner Zeit in jedem Gebiet des Lebens mit vortrefflichem Humor auf; Addison 
suchte in der musterhaft stilisirten Zeitschrift der Spectator zur Selbstbeobach¬ 
tung des eigenen Innern anzuregen und die großen Romanschreiber weckten 
durch die ergreifende Darstellung idealer Charaktere und erdichteter Schicksale Ge¬ 
fühl und Empfindsamkeit. Unter diesen in Deutschland viel bewunderten und nach¬ 
geahmten Verfassern sentimentaler Romane sind besonders hervorzuheben 
Richardson (ff 1071) durch seine Clarissa, seinen Grandison u. a., worin 
weibliche und männliche Ideale, die alle Tugenden und Vollkommenheiten ihres 
Geschlechts besitzen, geschildert sind; Fielding (ff 1754), in dessen Familienstücken 
(Tom Jones u. a.) gute und böse Menschen in ihrer Natürlichkeit, nicht zu 
Engeln und Teufeln umgebildet, auftreten, und besonders Sterne, der in seiner Sterne 
empfindsamen Reise und in Tristram Shandy mit dem gutmüthigsten 1713--68- 
Humor die Eigenheiten der Menschen in ihren Gewohnheiten u. s. w. darstellt und 
solche als nothwendig zu ihrer Individualität in Schutz nimmt. Goldsmith's 
(ff 1774) vielgelesener Vicar von Wakefield ist ein Familienroman, in 
dem liebevolle, zarte Verhältnisse mit Naturwahrheit dargestellt sind; Smollets 
(ff 1771) Humphrey Klinker schildert das Leben im heitern Ton der Komik. 
Seitdem blieb der Roman der Hauptzweig der engl. Literatur bis in unsere Zeit, 
wo Walter Scott die neue Gattung des historischen Romans geschaffen.
	        
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