Hahn: Der Große Kurfürst.
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entlassen. Dann schuf er sich mit Hilfe tüchtiger Offiziere, besonders
des berühmten Feldmarschalls Derfflinger, ein eigenes Heer, das an¬
fangs klein war, nachher aber bis zu 20—30000 Mann anwuchs.
Dieses Heer verschaffte ihm bald Ansehen und Bedeutung, und Branden¬
burg erhielt in dem Westfälischen Frieden, der den Dreißigjährigen
Krieg abschloß, einen ansehnlichen Länderzuwachs, wenn es auch dem
Kurfürsten nicht gelang, Pommern, auf das er ein unbestrittenes Recht
hatte, ganz zu gewinnen. Er mußte den größeren Teil den Schweden
überlassen.
Als nachher ein Krieg zwischen Schweden und Polen ausbrach,
verbündete sich Friedrich Wilhelm mit Schweden und erlangte beim
Friedensschluß, daß sein Herzogtum Preußen, das bis dahin unter-
polnischer Oberhoheit gestanden hatte, unabhängig wurde. Den größten
Ruhm aber erfocht der Große Kurfürst in dem Kriege gegen den
mächtigen König von Frankreich, der Holland und Deutschland bedrohte,
Ludwig XIV. Der Kurfürst verbündete sich mit dem Kaiser und zog
nlit einem Heere von 30000 Mann an den Rhein. Da fielen plötzlich
1674 die Schweden, die mit den Franzosen verbündet waren, in
sein Land ein und hausten dort so fürchterlich, daß die märkischen
Bauern sich erhoben und, mit Dreschflegeln, Heugabeln und Sensen
bewaffnet, sich ihrer Bedränger zu erwehren suchten, bis der Kurfürst
ihnen zu Hilfe kommen konnte. Als die Kunde von dem Einfall der
Schweden zum Kurfürsten gelangte, brach dieser plötzlich aus Franken
auf und zog mit 6000 Reitern in Eilmärschen nach der Mark. Bei
Fehrbellin traf er auf die Schweden. Seine Generäle rieten von einer
Schlacht ab, da das brandenburgische Fußvolk großenteils noch nicht
eingetroffen war. Aber Friedrich Wilhelm rief: „Weil wir dem Feinde
nahe sind, so muß er Haare oder Federn lassen," und gab das Zeichen
zum Angriff. Unter dem Feldgeschrei „Mit Gott" gingen die Branden¬
burger vor, und nach heißem Kampfe wurde ein glänzender Sieg er¬
fochten. (13. Juni 1675.) Der Kurfürst selbst stritt tapfer mit und
mußte einmal von seinen treuen Reitern aus den ihn umringenden
Feinden herausgehauen werden. Die Schweden waren in voller Flucht.
Bald vertrieb sie der Kurfürst gänzlich aus der Mark und aus Pommern,
und wäre er beim Friedensschluß nicht im Stiche gelassen worden,
so würde schon damals Pommern den fremden Eroberern entrissen
worden sein.
In den letzten Jahren seines tatenreichen Lebens war der Große
Kurfürst vielfach von Krankheit heimgesucht; geduldig und gottergeben
ertrug er seine Leiden; mannhaft und mit dem Vertrauen eines Christen
ging er dem Tode entgegen. Seine letzten Worte waren: „Ich weiß,
daß mein Erlöser lebt."
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