Full text: Vom Westfälischen Frieden bis auf unsere Zeit (Teil 5)

Ludwigs XIV. innere Politik. 
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den ohne gerichtliches Urteil durch lettresde cachet in die Bastille 
oder andere Staatsgefängnisse gebracht. 
Die Staatseinnahmen wurden durch Colberts Verdienst Finanzen, 
beträchtlich vermehrt. Allerdings wurden auch die Steuern immer 
drückender, zumal sie an Unternehmer verpachtet waren, welche sie mit 
größter Unbarmherzigkeit eintrieben, während Adel und Geistlichkeit 
so gut wie keine direkten Steuern zahlten. 
Das Heer, die Stütze des Absolutismus im Inneren, die Grund- Heer. 
läge von Frankreichs Macht nach außen, wurde nicht nur bis zu der un¬ 
erhörten Zahl von 220 000 Mann verstärkt, sondern es wurde zugleich 
zu einem wirklich königlichen Heere gestaltet: die Offiziersstellen 
wurden, wenn sie gleich meist auch ferner verkäuflich blieben, nur mit 
Genehmigung des Königs besetzt, die Offiziersgehälter nicht mehr von 
den Obersten, sondern aus der königlichen Kasse gezahlt. Das Heer 
wurde zugleich in technischer Beziehung wesentlich fortgebildet: die 
Truppen erhielten Uniformen; das Bajonett wurde eingeführt und die 
Pike abgeschafft; selbständige Artillerieregimentex wurden geschaffen 
und der Festungsbau durch Vauban, den Erbauer der dreifachen Festungs¬ 
reihe an der Nordostgrenze Frankreichs, zu hoher Ausbildung gebracht. 
Durch die von Colbert geschaffene bedeutende Krieasflotte trat Flotte. 
Frankreich zugleich an die Seite der Seemächte Holland und England. 
§ 16. Wirtschaftspolitik. Von nicht geringerer Bedeutung als die 
Zentralisierung der Verwaltung ist der auf Colberts Ideen zurückzu¬ 
führende Versuch einer staatlichen Regelung der wirtschaftlichen Güter¬ 
erzeugung. Es handelte sich bei diesem System, das man das Merkan-sKafimtu* 
, rf __ system. 
tilsystem genannt hat, zunächst darum, aus so vielen durch mangelnde 
Verkehrsmittel oder durch Zollgrenzen voneinander abgeschlossenen Wirt¬ 
schaftsgebieten ein einheitliches, nationales Wirtschaftsgebiet zu 
schaffen; in diesem Gebiete teils unmittelbar durch staatliche Fürsorge, 
teils mittelbar durch möglichsten Ausschluß fremden Wettbewerbs eine 
leistungsfähige nationale Industrie und einen nationalen Han¬ 
del zu schaffen; schließlich auf diese Weise zu erreichen, daß der Wert der 
Ausfuhr den der Einfuhr überstiege und eine „günstige Handels¬ 
bilanz" erzielt würde. Man ging dabei von der Grundanschauung aus, 
daß eine Erhöhung des Nationalreichtums gleichbedeutend sei mit 
der Vermehrung des vorhandenen Besitzes an Geld. — Dem Zwecke der 
Erleichterung des inländischen Verkehrs diente auf der einen 
Seite die Beseitigung der Binnenzölle, auf der anderen der Bau von
	        
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