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Dekgleichen Ablaß wurde fast alle Augenblicke gepredigLk,
weil dre Passte in Nom eben so oft Geld brauchten.
Vorzüglich w«r Deutschland in den ersten siebzehn Jah¬
ren des röten Jahrhunderts damit sehr geplagt. Einer
der unverschämtesten Ablaßpredigek damaliger Zeit war
Johann Tetzel, ein Dominicaner-Mönch, ein heil-
doser Mensch, der sich schon bei mehrern Gelegenheiten
zu diesem Ablaßkram mit gutem Erfolg hatte brauchen
Waffen. Nicht leicht hat ein Ablaßprediger seine Rolle
Zlücklicher gespielt, als dieser Tetzrl. Sein Einzug in eine
Stadt glich einem Triumphe. Durch einen vorau-ge-
schickten Boren ließ er sich anmelden. Nun kamen ihm
die Geistlichen, die Mönche, der Stadtrath, die Schul¬
kinder, mit Fahnen entgegen. Man lautete mit allen
Glocken. Die pabstliche Verordnung (gewöhnlich Bulle
genannt) über den Ablaß, wurde, in Sammt und Gold-
ßoff gebunden, vor dem Ablaßprediger hergMagen. Sr
gelanzte er in Procession in die Kirche. Bei seinem
Eintritt in dieselbe ließ sich die Orgel hören. Er stellte
mm das Kreuz auf, und darunter den Geldkasten.
Dann bestleg er die Kanzel, predigte über die
Kraft und st>ie großen Wirkungen des Ablasses, und
ermunterte die Leute, Geld in den Kasten zu legen. „So¬
bald, sagte er, dar Geld im Kasten klingt, die Seele aus
dem Fegfeuer *) in den Himmel springt." Man konnte
von ihm vollkommne Vergebung aller Sünden erhalten,
sogar für Sünden, die einer erst noch begehen wollte.
Zuweilen lies dieser Handel übel ab» In Sachsen wurde
*) So heißt nach der Lehre der römisch-katholischen Kirche efft
Ort nahe bei der Hölle, wo die Seelen der Verstorbenen,
ehe sie in den Himmel kommen, von den ihnen noch an-
kstbendeü Fehlern gcrciniget oder gcseget werden müssen,
bis ihnen die Seelenmessen der Hinterbliebenen herauöhel-
sin. Diese ltehbe ist nicht in der Bibel gegründet.