nördlich von dem Fischerdorfe stattliche Landhäuser; Spazierwege in den
schattenspendenden Waldungen wurden angelegt; auf dem Blocksberg,
der höchsten Erhebung der Schwarzorter Dünen (siebenundfünfzig Meter),
wurde ein Aussichtsturm errichtet, der einen prächtigen Ausblick über30
die See, das Haff, die Nehrung und die Memelniedrung bietet. Und
jetzt ist der Ort alljährlich im Sommer so besucht, daß oft die Neu¬
bauten die Zahl der Gäste nicht zu beherbergen vermögen.
6.
Einige Jahrzehnte hindurch war die Haffküste bei Schwarzort der
Schauplatz einer emsigen Geschäftigkeit. Es galt, durch Baggern den
Bernstein zu gewinnen, jenes versteinerte Harz, das von der Bernstein¬
fichte, einem ausgestorbnen Nadelholz, stammt und diesem nördlichsten
Zipfel Deutschlands zu einer gewissen Berühmtheit verholfen hat. Durch 5
gelegentliche Funde bei der Herstellung der Fahrrinne im Haff war man
auf das im Schlamm des Haffbodens eingebettete Bernsteinlager auf- .
merksam geworden und hat es auch etwa dreißig Jahre lang ausgebeutet.
Zur Zeit gewinnt man dies ehemals dem Gold gleichgeschätzte
Mineral nicht mehr durch Baggern, wennschon eine Wiederaufnahme 10
des Baggerbetriebes nicht ausgeschlossen erscheint. Teils sucht man es
aus den Tang- und Seegrasmassen, die das Meer auswirft und die
besonders auf der Küste des Samlands zwischen den beiden Haffs Bern¬
stein enthalten, heraus, teils bemüht man sich, es bei ruhigem Wetter
vom Boote aus mit Zangen und Käschern zu heben. Jedoch verliert io
diese Gewinnungsart, das „Bernsteinstechen" immer mehr an Bedeutung.
Die ursprüngliche Lagerstätte des Bernsteins ist nämlich die soge¬
nannte blaue Erde, eine rauchgraue, ins Bläuliche spielende Sandschicht,
auf die man durch Graben im Boden in gewisser Tiefe stößt, und die
weiterhin im tieferen Meere auf dem Grunde zu Tage tritt. Wenn heftige 20
Stürme das Meer tief aufwühlen, werden Bernsteinstücke vom Grunde
losgelöst und gemeinschaftlich mit jenen Pflanzenmassen ans Ufer geworfen.
Aus seiner ursprünglichen Lagerstätte herausgespült und nach anderen
Gegenden geschwemmt, findet sich der Bernstein oft weit von der Küste
entfernt im Binnenlande. Das größte Bernsteinstück, gegenwärtig im 25
Berliner Mineralienkabinet, wurde im Gebiet von Gumbinnen aufge¬
funden und hat bei einem Gewicht von mehr als dreizehn Pfund einen
Wert von einhundertzwartziglauseitd Mark.
Jetzt deckt ein in Palmnicken an der samländischen Küste angelegtes
Bergwerk den ganzen Bedarf der Welt an Bernstein. Der Staat hat aus 30
diesem Bergtver! jährlich etwa eine Reineinnahme von l1/;* Millionen Mark.
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