einzuhändigen. Unglücklicher Weise war der Gemahl der Grasin
ein Todfeind des Essex; er beredete sie daher, den Ring nicht
abzugeben, und so erhielt Elisabeth keine Nachricht davon, wie
sehnlich Essex auf das Wort der Gnade harrte. Erst als drei
Jahre darauf die Gräfin auf dem Sterbebette lag, und von
ihrem Gewissen beunruhigt wurde, ließ sie die Königin um einen
Besuch bitten, eröffnete ihr das Geheimniß, und bat sie mit
Thränen um Vergebung. Elisabeth war wie vom Donner ge¬
rührt. Als das Entsetzen ihr die Sprache wiedergab, brach sie
in Wuth aus, schüttelte die sterbende Gräfin in ihrem Bette,
und schrie krampfhaft ihr zu: „Gott verzeihe Euch; ich aber
vermag es nie!" So stürzte sie von ihr hinaus, und überließ
sich der trostlosesten Schwermuth. Sie verwarf allen Trost,
wollte nicht essen und trinken, und warf sich winselnd zur Erde.
Sprachlos, ihren Schmerz nur durch Stöhnen und Seufzen er¬
leichternd, lag sie 10 Tage und 10 Nachte auf einem Teppich,
den Kopf auf Kissen gelehnt, und kein Arzt konnte sie bereden,
sich ins Bette zu legen, oder Arznei zu nehmen. Sichtlich
näherte sich ihre Auflösung. Die Vornehmsten des Reichs traten
zu ihr, und fragten, wen sie zu ihrem Nachfolger bestimmte?
Sie nannte mit schwacher Stimme Jakob VI. von Schottland,
ihren nächsten Verwandten. Da der Erzbischof von Canterbury
sie ermahnte, ihr Herz Gott zuzuwenden, antwortete sie, das
thäte sie schon, und nicht im geringsten entfernte sich ihr Herz
von ihm. Bald darauf verlor sie die Stimme, ihre Sinne
schwanden, sie siel in einen ohnmächtigen Schlummer, aus dem
sie nicht wieder erwachte. Fast 70 Jahre hatte diese merkwür¬
dige Frau gelebt, und 45 Jahre meist mit Ruhm regiert. Hätte
sie es vermocht, den Reizungen der Eitelkeit zu widerstehen,
und nicht durch ihr Betragen gegen Maria Stuart sich einen
unauslöschlichen Flecken aufgedrückt, — sie würde zu den grö߬
ten Frauen, welche einen Thron zierten, gezählt werden können.
Sie starb 1603.
Unter Elisabeth lebte auch der berühmte Shakspeare
(sprich Schäkspier), der Verfasser so vieler unvergleichlicher dra¬
matischer Dichtungen. Er war der Sohn eines Wollhändlers
in einer kleinen englischen Stadt, und hatte anfangs dasselbe
Geschäft getrieben, bis ihn ein Jugendstreich nöthigte, nach