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I. Geschichte.
Kuguste Viktoria, der ältesten Tochter des Her¬
zogs Friedrich von Zchleswig-Holstein-Zonder-
burg - Augustenburg. Die junge Fürstin ge¬
wann sich durch ihre natürliche Anmut und
große Herzensgüte bald die Zuneigung der
kaiserlichen Familie und die Liebe des Volkes. —
Am 6.Mail882 wurde dem Prinzen der erste
Lohn, der jetzige Kronprinz Wilhelm, geboren.
Noch fünf Löhne (die Prinzen Eitel Friedrich,
Adalbert, August Wilhelm, Gskar, Joachim)
und eine Tochter (die Prinzessin Viktoria Luise)
wurden dem jungen fürstlichen Ehepaare im
Laufe der Jahre geschenkt. Ein inniges Band der
Liebe umschlingt Eltern und Rinder zu einem
glücklichen und vorbildlichen Familienleben.
3. Regierungsantritt. Vas Trauer¬
jahr 1888 raubte dem deutschen Volke seine
beiden ersten hohenzollernkaiser. Im Alter
von 29 Jahren übernahm Wilhelm II. die preußische Königskrone und die deutsche Kaiser-
würde. In Gegenwart der deutschen Fürsten, die einmütig an seine Leite geeilt waren,
eröffnete er den ersten Reichstag unter seiner Regierung. Wie sein großer Vorfahr
Friedrich II. gelobte er, sich jederzeit als ersten Diener seines Ltaates zu betrachten. In dem
Verhältnis des Reiches zu den andern Völkern trat keine Änderung ein. Der Dreibund
(5. 86) blieb bestehen und wurde nach Ablauf seiner Geltungsfrist erneuert. Fürst Bis¬
marck lenkte nach wie vor mit Meisterhand die Geschicke Deutschlands. Durch Besuche bei
den Fürsten Europas suchte Kaiser Wilhelm vertrauen zu erwerben und den Weltfrieden
zu sichern.
4. Kaiser und Kanzler. Schon in den ersten Iahren der Regierung Wilhelms II. zeigte
es sich, daß die Ansichten des jungen Kaisers in vielen Dingen von denen des Fürsten Bismarck ab¬
wichen. Besonders in bezug auf die Arbeiter-Schutzgesetzgebung, die der Kanzler weniger weit
auszudehnen beabsichtigte, ergaben sich Meinungsverschiedenheiten. Wohl erkannte der Kaiser
die unvergänglichen Verdienste des Fürsten um Deutschlands Einigung freudig an. Der junge,
tatkräftige Herrscher wollte jedoch „sein eigener Kanzler" sein. Er wünschte auch, mancherlei
Regierungsgeschäfte, die Fürst Bismarck bisher allein geführt hatte, selbst in die Hand zu
nehmen. Daher wurde der alte Reichskanzler im Iahre 1890 unter Erhebung zum „Herzoge
von Lauenburg" entlassen. Er zog sich auf sein Gut Friedrichsruh im Sachsenwalde bei Ham¬
burg zurück. — Später kam es zur Freude des deutschen Volkes wieder zu einer Annäherung
zwischen Kaiser Wilhelm und dem Fürsten. Seinen Sachsenwald jedoch hat der große, eiserne
Kanzler, „der getreue Eckart" des deutschen Volkes, nicht wieder verlassen. In Friedrichsruh
schloß er am 30. Iuli 1898 die Augen zur ewigen Ruhe. Sein Grabmal trägt die von ihm selbst
bestimmte Inschrift: „Fürst v. Bismarck, ein treuer, deutscher Diener Kaiser Wilhelms l."
5. Heer und Flotte. Unermüdliche Arbeit verwendet Kaiser Wilhelm darauf,
das Heer schlagfertig zu erhalten. Der wachsenden volkszahl entsprechend ist es ver¬
mehrt worden und zählt jetzt in Friedenszeiten über eine halbe Million Loldaten. —
Lodann hat sich Kaiser Wilhelm die besondere Aufgabe gestellt, eine achtunggebietende
Flotte zu schaffen. Das deutsche Gewerbe hat sich mächtig entwickelt. Millionen von
Arbeitern stellen nur Waren her, die nach dem Auslande verkauft werden. Deutsch¬
land ist eine Welthandelsmacht geworden: „Deutschlands Zukunft liegt auf dem
Wilhelm II.