Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geschichte für die unteren und mittleren Klassen höherer Unterrichtsanstalten (Cursus 1)

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III. Periode. 
Von dem Tode Karl's des Großen bis auf die Zeiten Gre- 
gor's VII. oder von dem Verfalle des Frankenreiches bis 
auf die Kreuzzüge. 814—1100, 
§• 62. 
Die Karolinger. Bleibende Trennung von Leutschland und Frankreich. 
Nach Karl's Tode trat bald eine Zeit heilloser Verwirrung ein; 
denn es fehlte die kräftige Hand, welche ein so großes Reich hätte 
regieren und Zusammenhalten mögen. Die großen Vasallen, ver¬ 
gessend des gemeinsamen Vaterlandes, waren auf nichts bedacht, als 
auf Erweiterung ihrer Rechte und Besitzungen, und ergriffen nicht 
selten die Waffen gegen die Könige, während äußere Feinde, wie 
Normannen und Ungarn, verheerend und plündernd das Reich 
anft'elen. So gin^ manche hoffnungsvolle Aussaat Karls des Gro¬ 
ßen bei der Schwache seiner Nachfolger, die von ihm die Karo¬ 
linger heißen, durch die Stürme der Zeit wieder unter; aber ein 
unverwüstlicher Grund für Gesittung und Bildung war in einem 
großen Theile von Europa durch Ausbreitung des Christenthums ge¬ 
legt, auf welchem bald ein schöneres Leben erblühen sollte. Insbe¬ 
sondere hat der heil. Anscharius, der Apostel des Nordens, im An¬ 
fänge des 9. Jahrhunderts um die Ausbreitung des Christenthums 
in Dänemark und Schweden große Verdienste. 
Ludwig der Fromme (814—840), wohlgesinnt und nicht 
ohne Kenntnisse, hatte als König von Aquitanien noch während 
der Lebzeit seines Vaters löblich regiert; aber ein so großes Reich zu 
beherrschen war er unfähig durch Schwäche und Nachsicht gegen seine 
Söhne und die Großen des Reiches. Bereits fühlten die Teutschen 
in den eroberten römischen Provinzen bei ihrer Vermischung mit den 
früheren Einwohnern das Bedürsniß, einen eigenthümlichen Entwick¬ 
lungsgang zu gehen. Daher theilte Ludwig schon im dritten Jahre 
seiner Regierung das Reich unter seine älteren Söhne, jedoch sollten 
sie ihm als Vater und Kaiser unterthan sein. Aber Ludwig änderte 
wiederholt diese Theilung zu Gunsten seines geliebten jüngern Soh¬ 
nes, Karl des Kahlen. Dies erbitterte die älteren, die sogar zu 
den Waffen griffen, und, in siuchwürdigem Kriege gegen den eigenen 
Vater, diesen mehrmals gefangen nahmen, so auf dem Lügen¬ 
felde bei Colmar (833). Jm Bußgewande und kniend legte Lud¬ 
wig ein öffentliches Bekenntniß seiner Sünden ab. Aber der Re¬ 
gierung und Kaiserwürde zu entsagen, konnte er nicht vermocht wer¬ 
den. Nach dem Tode des Vaters (840) setzten die entarteten Brü¬ 
der den Streit um das Erbe unter sich fort, bis das Volk selbst, des 
ruchlosen Kampfes müde, dessen Beilegung verlangte. So kam der 
in seinen Folgen so wichtige Vertrag von Verdun 843 zu Stande,
	        
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