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Zweiter Zeitraum. I. Abschnitt.
men, Gallien, und selbst die Länder der Germanen und Briten treten
handelnd auf. In Afrika sind Karthago und Aegypten, in Asien die im
vorigen Zeiträume genannten Länder, jedoch noch weiter nach Osten
hin historisch wichtige Länder, unter denen namentlich Parthien als das
einzige hervorglänzt, welches dem römischen Weltreiche siegreich wider¬
stand und im Osten ein Gegengewicht gegen das allgewaltige Rom war.
Bei der Betrachtung des Treibens der Völker und der Individuen
stellt sich gegen den vorigen Zeitraum ein bedeutender Unterschied her¬
aus. Musste man sieh dort mit Sagen begnügen, aus denen nur mit
Mübe der geschichtliche Kern zu erkennen war, und trugen selbst die ge¬
schichtlichen Data den Stempel des Fabelhaften und Wunderbaren, so
hört hier das Reich der Sage immer mehr auf, die Geschichte gewinnt
immer mehr Boden, die Heroengestalten werden seltener und die wirkliche
Menschenwelt tritt in ihre Rechte ein. An die Stelle kurzsichtigen, schnell
aufbrausenden Handelns tritt ein bewusstes Streben, ein beharrliches
Verfolgen der Zwecke, die gesellschaftlichen wie die staatlichen Einrich¬
tungen gewinnen eine hohe Ausbildung und eine gewisse Festigkeit, die
Kriege sind nicht mehr wilde Raubzüge, sondern dienen nur zur Errei¬
chung politischer Zwecke, besonders zur Ausrichtung weitgebietender Herr¬
schaften oder zur Sättigung kriegerischen Ehrgeizes, der frühere religiöse
Enthusiasmus ist bedeutend abgekühlt und macht einer nüchternen For¬
schung Platz und die Religion erscheint nur als Dienerin der politischen
Zwecke, Künste und Wissenschaften sind allmählich auf ihren Höhenpunkt
gestiegen, die Sitten sind feiner, aber verderbter. Der Osten ist nach wie
vor dem Despotismus verfallen, während der Westen, vornehmlich Grie¬
chenland und Rom, die Republik in ihrer herrlichsten Entfaltung vor
Augen stellt, bis auch Rom, am Ende des Zeitraums, seinereingerissenen
Verderbniss erliegend, dem Despotismus anheimfällt und mit ihm
der ganze Erdkreis. Vor Allem aber ist dieser Zeitraum reich an großen
Helden, deren Tbaten nicht der mythologischen Ausschmückung bedürfen,
um für alle Zeiten ein gerechtes Staunen zu erfordern, an glorreichen
Thaten der Freiheits- und Vaterlandsliebe, an herrlichen Schöpfungen
der Kunst und der Wissenschaft, die der spätesten Nachwelt noch als un¬
erreichte Muster dastehen werden, an wahrhaften Weisen, deren tiefe Er-
kenntniss mit Recht unsere Bewunderung erregt. Was hätte aus der
alten Welt werden müssen, wenn nicht Freiheit und die Sittlichkeit
zu frühe der Tyrannei und der Corruption unterlegen wären. Am
Ende des Zeitraums sehen wir auf der historischen Bühne den Kampf
der wieder einbrechenden Barbarei gegen die furchtbare Sittenverderbniss
beginnen, der erst am Schluss der ersten Geschichtsperiode, mit der die
Geschichte der alten Welt abbricht, zum Nachtheil der letztern beendigt
wird.
Ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen demersten und zweiten
Zeitraum ist in der Politik bemerkbar. Zwar in Asien entscheidet meist