Heinrich I.
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ist da, wo ich in die Ewigkeit abberufen werde; darum bitte ich Euch,
seid friedfertig und einträchtig und laßt Euch nach meinem Tode nicht
von Herrschsucht und Ehrgeig überwältigen. Wählet Heinrich, den wei¬
sen Herzog der Sachsen und Thüringer, zu Eurem Herrn und Könige.
Ich bitte und beschwöre Euch, gehorchet ihm." Darauf wendete er sich
an seinen Bruder Eberhard und redete also: „Achte auf meinen Rath,
den Nath deines Bruders. Wir haben zwar Burgen und Heere, aber
nicht das Glück. Das Glück nebst großer Macht besitzt Heinrich; des
Reiches Heil liegt in der Sachsen Hand. Geh zu Heinrich, übergib
ihm die Reichskleinodien und mache Frieden mit ihm. Er wird in
Wahrheit ein König sein und Herrscher über viele Völker." ~ Alle
Anwesende waren tief gerührt über die hochherzige Gesinnung des ster¬
benden Königs und versprachen ihm die Erfüllung seines letzten Wun¬
sches. So besiegelte Conrad, den die Geschichtschreiber jener Zeit einen
frommen, milden und im Kriege sowie im Frieden erfahrenen Fürsten
nennen, in der Anerkennung fremder Größe, unerschüttert durch Vor¬
liebe für den Bruder oder Haß gegen den gefährlichen Gegner, seinen
eigenen Werth. Er starb am 23. Decbr. 918, wahrscheinlich zu Weil-
bnrg; später wurden seine Gebeine in der Abtei zu Fulda beigesetzt,
um welche er sich große Verdienste erworben hatte.
Zweiter Abschnitt: Die sächsischen Könige (Kaiser)
bis auf dir Salier. 919—1024.
1. Heinrich I. 918- 936.
§. 52. Heinrichs Bemühungen, sich allgemeine Anerkennung in Deutschland
zu verschaffen, seine Vorkehrungen zum Schutze gegen die Ungarn und seine Kämpfe
gegen die Slavcu.
'1. Rach dem Tode Conrad's eilte sein Brnder Eberhard mit der
Reichskrone und den übrigen Zeichen der königlichen Würde zum Her¬
zoge Heinrich von Sachsen und begrüßte ihn als seinen König und
Obcrherrn. Eberhard soll der Sage nach den Sachsenherzog auf der
Jagd mit Vogelfang und Waidwerk beschäftigt gefunden haben, und
davon haben ihm in späterer Zeit mehrere Chronisten den Namen des
Vogelstellers oder Finklers gegeben. Mit größerem Rechte könnte man
ihn den Großen nennen; denn er erhob das zerfallene Reich während
der siebenzehn Jahren seiner kräftigen Negierung zur ersten Macht der
Christenheit, indem er die getrennten Stämme zu einem großen S-taats-
körper vereinigte, sowie ihren alten Kriegsruhm wiederherstellte.
2. Als Heinrich die Wahl nicht ablehnte, begab sich Eberhard
(14. April 919) auf eine Versammlung des fränkischen Adels zu Fritz¬
lar, wo sich auch Heinrich mit den sächsischen Großen einfand. Dem
Vorschläge Eberhard's, den Sachsenhcrzog Heinrich zum Könige zu er¬
wählen, strmmten Alle freudig bei. Als sich nun der Erzbischof Heri-
ger von Mainz ihm nahete, um ihn zu salben und zu krönen, sprach
Heinrich ebenso entschieden als bescheiden: „Nicht also, ehrwürdiger Va-