Friedrich II.
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Kronprinzen frühzeitige Neigung zu den schönen Künsten und Wissenschaften war
dem Könige zuwider, und die verschiedenartige Gesinnung beider veranlaßte diesen
zu häufigen und groben Mißhandlungen des Sohnes, der deshalb sich entschloß
nach England zu fliehen. Dieser Plan, der auf einer Reise beider nach Ans¬
bach und an den Rhein ausgeführt werden sollte, ward vcrrathen, der Prinz ver¬
haftet und nach Küstrin ins Gefängniß gebracht, unter dessen Fenstern sein Freund
und Mitwisser, Lieutenant Katt, hingerichtet wurde. Der Prinz erhielt zwar die
Freiheit wieder, mußte aber in Küstrin bleiben und an der dortigen Kriegs- und
Domainenkammer arbeiten, bis er durch seine gänzliche Unterwerfung unter die
väterlichen Befehle und Wünsche, wie auch durch seine Vermählung mit einer
Prinzessin von Braunschweig-Bevern die vollständige Aussöhnung mit dem Va¬
ter herbeiführte und seitdem auf einem Schlosse bei Rheinöberg in der Umgebung
geistreicher Freunde sich ungestört seinen Lieblingsneigungen hingeben und sich
zum Könige ausbilden konnte.
3) Friedrich II. der Große 1740—1786.
Die beiden ersten schlesischen Kriege s. S. 121 u. 122, den
dritten schlesischen oder siebenjährigen Krieg s. S. 123 ff., die erste
Theilnng Polens s. S. 126 f., die Theilnahme am baierischen Erb¬
folgestreit s. S. 127, den deutschen Fürstenbnnd s. S. 128.
Friedrich's Staatsverwaltung.
Eben so groß wie vorhin im Kriege erscheint Friedrich im Frie¬
den, den seine Staatsklngheit während 23 I. zu erhalten wußte.
Das wirksamste Mittel, um den schnell erworbenen Rang unter den
europäischen Hauptstaaten gegen die Eifersucht größerer Mächte be¬
haupten und seinem Reiche einen dauerhaften Frieden sichern zu können,
glaubte er in einer bedeutenden Vermehrung seiner Kriegsmacht und
einer deshalb nöthigen Erhöhung seiner Einkünfte zu finden. Daher
erstreckte sich seine nächste Sorge auf die Bllduitg eines tüchtig ge¬
übten, gut disciplinirten, stets schlagfertigen Heeres und auf Füllung
des Schatzes durch Vermehrung und strengere Eintreibung der in¬
direkten Abgaben, so wie durch zahlreiche königliche Monopole. Da¬
neben aber suchte er durch Abkürzung des Prozeßverfahrens und ein
neues Civilgesetzbuch (dessen Vollendung er nicht erlebte) seinen Un-
terthaneu eine schnelle und unparteiische Rechtspflege zu verschaffeil
wie auch durch Erweiterung und Vervollkommnung des Landbanes,'
durch Beförderung jedes nützlichen Gewerbes, insbesondere des Fa-
brikfleißes den Wohlstand seiner erschöpften und verödeten Länder auf
jede Weise zu heben.
Die unrrniüDete Thätigkeit des Königs, der sich in allen Angelegenheilen
die letzte Entscheidung selbst vorbehielt, die stets rege Geisteskraft, wodurch er alle