Full text: Lehrreiche und anmuthige Erzählungen aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte

— 1199— 
nommen, auch der König hatte seinem Volke viele und schwere 
Laflen zumuten müssen, üm sich seiner Feinde zu erwehren. Nun 
gall es, die Wunden des Landes zu heilen, und er begann damit 
sogleich am Tage nach dem Friedensschluß. Die überflüssigen 
Pserde verteilte er unter die am meisten verarmten Landleute, 
Ind das Korn, das bereits für den nächsten Feldzug angekauft 
war, schenkte er ihnen als Saatkorn. In Schlesien wurden die 
Sleuern auf sechs Monate, in Pommern und der Neumark, wo 
die Russen so arg gehaust hatten auf zwei Jahre erlassen. Außer⸗ 
dem sandte er große Summen Geldes in die einzelnen Provinzen, 
um den Bewohnern wieder aufzuhelfen. Für sein Volk war er 
ebenso freigebig, wie für sich sparsam. Seine Hofhaltung war 
so einfach eingerichtet, daß er nur den kleinsten Teil der dafür 
bestimmten Summe verbrauchte und das übrige — jährlich drei 
Millionen Mark — zum Besten des Landes verwenden konnte. 
. Frledrich wollte seinem Volke auch „eine schleunige und 
gehörige Justiz ohne Ansehen der Person, ohne große Kosten und 
Ausgaben · verschaffen. Er machte darum den Aufang mit der 
Misarbelung eines neuen Gesetzbuches, das im Jahre 1794 in 
Kraft trat, und schaffte gleich nach seinem Regierungsantritt die 
Folter ab. Die Gesetze waren aber auch für ihn da, und er 
hütete sich, mit seinen persönlichen Wünschen sich über sie wegzu— 
setzen. Von seiner Gerechtigkeitsliebe ist die Mühle von Sanssouci 
delsbekanntes Beispiel. Wir hören sie auch deutlich aus den 
Worten, die er an den neuen Regierungspräsidenten von West⸗ 
preußen richtete: „Ich bin eigentlich der oberste Justizkommissarius 
n neinem Lande, der über Recht und Gerechtigkeit halten soll. 
Äber ich kann nicht alles bestreiten und muß daher solche Leute 
haben, vie Er istn Ich habe eine schwere Verantwortung auf mir; 
denn ich muß nicht allein von allem Bösen, was ich thue, sondern 
uh doan allem Gien, was ich unterlasse, Rechenschaft geben. 
So auch Er; Er muß durchaus unparteiisch und ohne Ansehen der 
Person richlen, es sei Prinz, Edelmann oder Bauer. Hört Er, 
das sage ich Ihm, sonst sind wir geschiedene Leute.“ Auch der 
Gcinghe sener Unterthanen sollte also nicht in seinem Rechte 
gekrantt werden. Dieselbe Unparteilichkeit zeigte Friedrich den 
Ralholiken und Proestamen gegenüber. In seinem Staate herrschte 
hollkommene religidse Duldung und Glaubensfreiheit; denn er 
wollle die Gewissen nicht durch Zwang belästigen. — Wie sein 
Valer, so nahm sich auch Friedrich des Volksschulwesens an. 
Roch vor dem Abschluß des Hubertsburger Friedens schrieb er 
von Leipzig aus nach Berlin, daß es sein ernster Wille sei, das 
Schulwesen auf dem Lande in allen Provinzen auf einen besseren 
Fuß zu stellen. Der Grund zum wahren Wohlsein der Unter— 
hanen musse durch eine ebenso vernünftige als christliche Erziehung
	        
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