Full text: [H. 1/2: Griechische Geschichte, H. 1/2] (H. 1/2)

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Attika. 
Der- Geschichtschreiber Herodotos. 
Ilerodotos ist geboren zu Ilalikarnassos in Karien, aus her¬ 
vorragendem Gescldechte, etwa um das Jahr 485 v. Chr. Durch 
den Verkehr in der reichen Handelsstadt und ohne Zweifel noch 
mehr durch den bildenden Einfluss seines Verwandten, des Epikers 
Panyasis Verf. einer Ileraklee wurde schon früh in ihm das Interesse 
an fremden Ländern und Völkern geweckt, und sein Geist auf die 
Erforschung der Thaten der Vorzeit hingelenkt. 
Von seinem äussern Lebensgange ist Weniges bekannt, wichtig 
aber seine Verbannung aus der Vaterstadt durch den Tyrannen 
Lygdamis, einen Enkel der von ihm so gefeierten Königin Artemisia. 
Der Flüchtling nahm seinen ständigen Wohnsitz auf Samos, durch¬ 
zog aber von da aus mit muthvoller Beharrlichkeit und in klar- 
bewusstem Eifer für sein beabsichtigtes Werk fast die ganze, den 
Hellenen damals zugängliche Welt nach den verschiedensten Rich¬ 
tungen. Ausser seinem Vaterlande Kleinasien, in dessen westlicher 
Hälfte er ohne Zweifel alle grossem Städte besucht hat, kennt er 
aus eigner Anschauung wohl sämmtliche Landschaften des euro¬ 
päischen Griechenland, dazu sogar Epeiros, Makedonien und Thra¬ 
kien, und ferner die Inseln des östlichen Mittelmeeres. Ausserhalb 
der Hellenenwelt zog er östlich in das Innere des Perserreiches 
auf der grossen Königsstrasse von Ephesus bis über Susa hinaus; 
längere Zeit muss er namentlich in Babylon und Agbatana verweilt 
haben. Weiter segelte er südlich die syrische Küste entlang über 
Tyros nach Aegypten, wo er den Nil bis an die Katarakten (bei 
der Landesgrenze, der Insel Elephantine) hinauffuhr und ausser¬ 
dem in zahlreichen Städten geraume Zeit verweilend das Wunder¬ 
land auch durch den Mund gelehrter Priester allseitig zu erkunden 
suchte. Darauf ist er nördlich in den Pontos Euxeinos gesteuert 
und hat hier ausser mehrern Punkten der Südküste die Mündungen 
der Hauptflüsse, Tyras, Borysthenes, Hypanis, wo hellenische Colonien 
lagen, besucht, um über die weitverzweigten Völkerschaften der 
Skythen von Augenzeugen Nachrichten einzusammeln. Endlich wurde 
er noch veranlasst, (westlich) das südliche Italien kennen zu lernen, 
indem er im J. 444 Theilnelnner an der von Athen aus gegrün¬ 
deten Colonie Thurioi (an der Stätte des zerstörten Sybaris) wurde, 
woselbst er wohl nicht lange nach 424 (denn so weit etwa reichen 
einzelne Andeutungen seines Werkes) sein Leben beschloss. 
Herodotos, von dessen bedeutender Persönlichkeit die Freund¬ 
schaftsverhältnisse mit einem Perikies und Sophokles Zeugniss geben, 
durfte schon im Leben den Beifall von ganz Griechenland ver¬ 
nehmen, als er — wahrscheinlich der erste Prosaiker — Abschnitte 
aus seinem Werke der olympischen Festversammlung, sowie auch 
zu Korinth, Theben und Athen vortrug, und hat mit Recht hei der 
gesammten Nachwelt den Ehrennamen des „Vaters der Geschichte“
	        
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