Full text: Geschichte des Mittelalters (Abth. 2)

Die Normannen. 
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Sachsen, Angeln und Jüten, die Eroberung Britanniens durch diesel¬ 
ben, ihre nördlichen Nachbarn zu gleichen Unternehmungen reizte. Ueber- 
dies waren die Normannenländer übervölkert, daher Auswanderung ^iachen^der 
nothwendig und diese konnte nur eine kriegerische sein. Das väterliche ° * 
Gut erbte immer der erstgeborne Sohn, ein nachgeborner erhielt eine 
Waffenrüstung, und war sein Vater reich, ein Schiff dazu, auf welches 
er Seinesgleichen zu Raubfahrten einlud. Dies geschah im Frühjahr; 
im Herbste kehrte man mit der Beute heim, feierte das Jul fest Julfcst. 
(Wintersonnenwende) mit, freute sich beim Gelage der bestandenen 
Abenteuer und fuhr im Frühjahre zu neuen aus. Auch Hungersnoth 
veranlaßte Auswanderungen; bei einheimischen Kriegen retteten sich die 
Besiegten auf das Meer und die Sachsenkriege Karls des Großen 
scheinen auch den Religionshaß der Normannen entflammt zu haben. 
Z 157. Schon 808 griffen sie Karls Bundesgenossen, die Obo- Raubfahrtcn 
triten an, 810 Friesland, zogen sich aber zurück, als sie des Kai- „^^*808^ 
fers Anwesenheit vernahmen (die Sage läßt ihn beim Anblicke der 
normannischen Schiffe in der Ahnung des kommenden Unheils Thränen 
vergießen). Ein Schwarm Wikinger (d. h. Seefahrer) erschien 836 
in der Schelde und verbrannte Antwerpen; das gleiche Schicksal 
traf Bremen 843, Hamburg 845; die Sachsen wiesen 846 die 
Räuber blutig zurück, doch kamen sie 848 nach Geldern, 850 nach 
Friesland und überhaupt vergingen von 840—911 wenige Jahre, in 
welchen die Küstenländer von der Esbe bis zur Garonne von Ver¬ 
heerungszügen und Brandschatzungen verschont blieben; selbst die Mo¬ 
hammedaner in Spanien wurden von den Normannen heimge¬ 
sucht, Italien geschreckt, ja bis an die syrische Küste fanden die 
Wikinger den Weg. 
§ 158. Bei ihren Einfällen hausten sie schonungslos; schweren Charakter 
Raub konnten sie nicht mitschleppen, daher zerstörten sie, was brennen 
und brechen mochte und erschlugen die Gefangenen ohne Unterschied des 
Geschlechts; besonders hatten sie es auf die Klöster und Kirchen abge¬ 
sehen, welche zu Ehren der Äsen in Flammen aufgehen mußten. Zuletzt 
vereinigten sie sich zu großen Geschwadern unter Seekönigen, setzten 
sich am untern Laufe der Flüsse fest und zogen im Winter nicht mehr 
heim, wie sonst, denn sie suchten jetzt nicht mehr bloß Raub, sondern 
feste Wohnsitze. Aus ihren Lagern brachen sie unter Heerkönigen in 
das Binnenland ein und bestiegen die erbeuteten Kriegsroffe; so zog 
z. B. 881 ein Normannenschwarm die Maas auswärts, verbrannte 
Utrecht, Mastricht, Tongern, wandte sich über Aachen und 
Jülich an den Rhein, zerstörte Köln und Bonn, erschlug bei Prüm 
viele tausend Bauern, welche sich als Landsturm zusammengeschaart 
hatten, verwandelte Trier in einen Schutthaufen und kehrte über die 
Ardennen an die untere Maas zurück. Arnulfs Sieg an der Dyle 
verschaffte Deutschland Ruhe, Frankreich schützte Karl der Kahle durch 
die Abtretung der Normandie, und überdies wandte sich der Haupt¬ 
strom der normannischen Auswanderung nach den britischen Inseln. 
Äie Uormänner auf Man, Irland, Island, Grönland, in Nordamerika. 
§ 159. Norwegen, das von ungefähr 30 Häuptlingen oder 
sogenannten Königen beherrscht wurde, unterwarf von 863—875 König
	        
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