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Die Zeit von 1615 bis 1857.
sehen, wie Europa durch die Iulirevolution 1830 in Bewegung gerieth,
und durfte daran denken, dieselbe zu seinem Vortheile zu benutzen.
Siebentes Kapitel.
Frankreich während der Restauration (1815-1830).
Ludwig XVII!. (1815-1824).
Als Ludwig XVIII. nach der Schlacht bei Waterloo von Gent
- nach Paris zurückkehrte und so zum zweitenmale durch die Niederlage
der französischen Heere König von Frankreich wurde, hatte er unter
allen Monarchen Europas die drückendste Krone auf sein Haupt gesetzt.
Schon daß er durch die fremden Bajonette zurückgeführt war, konnten
die Franzosen fast nicht verwinden, trotzdem daß sie unter Napoleon
anderen Völkern so manchen Beherrscher aufgezwungen hatten (man
denke an das sogenannte Königreich Italien, Neapel, Piombino, Spa¬
nien, Westfalen), denn Europa hatte die Franzosen daran gewöhnt, sich
als eine Nation zu betrachten, die wegen ihrer geistigen Ueberlegenheit
(„la nation la plus civilisée“) den andern gegenüber das Vorrecht
Chatte im eigenen Lande frei zu schalten und gelegenheitlich an andern
Ländern die französische Tapferkeit und Organisationsmethode zu erpro¬
ben. Hatte doch das Manifest der Verbündeten bei deren Uebergang
über den Rhein (1. Januar 1814) den Franzosen verkündet, der Krieg
gelte nicht Frankreich, das die verbündeten Monarchen groß und glück¬
lich zu sehen wünschen, sondern nur dem Friedensstörer Napoleon, und
nach seiner Rückkehr von Elba wurde ausdrücklich gegen ihn die euro¬
päische Acht geschleudert, als ob die Franzosen ihn nicht zum Kaiser ge¬
macht und ihm nicht die Millionen Soldaten geliefert hätten, die er
von der Schlacht von Montenotte bis zu der bei Waterloo gegen die
Nationen Europas verbrauchte. Diesem im ersten Pariser Frieden so
außerordentlich wohlwollend behandelten und deßwegen noch mehr ver¬
zogenen Volke wollte es unerträglich Vorkommen, als man ihm 700
Mill. Franken Kontribution auflegte, während die europäischen Völker
ihre durch Frankreich erlittenen Verluste auf 3582 Mill. berechneten.
Die Memoiren der napoleonischen Marschälle wissen nicht genug zu
klagen über die 1814 angerichtete Verwüstung in dem „schönen Frank¬
reich", als ob von Moskau bis Oporto und von Kalabrien bis Königs¬
berg nicht alle Städte und Dörfer von den Franzosen erzählen könnten;
die Rückgabe der von Napoleon aus Italien, der Schweiz, Deutschland
und Spanien nach Paris geschleppten Kunstschätze figuriert bei ihnen