Full text: Geschichte des Alterthums für Mittelschulen und zum Selbstunterricht ([Theil] 1)

Florenz. 
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noch unruhigere Stadt als ihre mittel- und oberitalienischen Schwestern, 
und in ihr hielt sich die Demokratie, wenn auch unter fortwährenden Er¬ 
schütterungen, am längsten. Nach den Hohenstaufen war Florenz aristo¬ 
kratische Republik; zuerst wurde der ghibellinische Adel von dem guel- 
fischen mit Hilfe der Bürger gesprengt, dann übermannten die vorneh¬ 
men Bürger mit Hilfe der gemeinen den ganzen Adel (1282), dem 
später selbst die politischen Rechte entzogen wurden, so daß ein Adeliger 
zuerst in das Bürgerrecht ausgenommen werden mußte, wenn er z. B. 
ein öffentliches Amt begleiten wollte. Durch die Errichtung der Würde 
eines Gonfaloniere der Republik (1292) verlor der Adel auch den Be¬ 
fehl über die bewaffnete Macht und die vollziehende Gewalt. Darauf 
entbrannte aber ein erbitterter Kampf zwischen den sieben obern Zünften, 
den Fabrikanten, Kaufleuten, Wechslern re. (popolo grasso) und den 
vierzehn niederen Zünften der gewöhnlichen Handwerker (popolo mi- 
nuto), in welchem letztere 1378 mit Hilfe der Proletarier siegten und 
die Republik zur reinen Demokratie umgestalteten (Aufstand der Woll¬ 
kämmer, Oiompi). Es entstanden aber wiederholte Gegenbewegungen, 
beide Parteien gewannen abwechselnd die Oberhand, während die Her¬ 
zoge von Mailand auf Gelegenheit lauerten, um die ermüdete Repu¬ 
blik ihrem Gebiete zu annerieren. Endlich gelangte der reichste Mann 
seiner Zeit, der Kaufherr Kosimo de Medici, an die Spitze der Repu¬ 
blik (1434—1464) und regierte ohne einen Titel in mancher Hinsicht 
wie ein zweiter Perikleö. Aus seinem ungeheuren Vermögen verschönerte 
er die Stadt, durch Bauten, gab Künstlern und Arbeitern Verdienst, un¬ 
terstützte die Armen und spendete dem gemeinen Volke; viele Bürger 
wußte er sich durch Anlehen zu verbinden, während er die vornehmen durch 
kluge Freundlichkeit und Verschwägerung gewann. Florenz gab ihm den 
Namen Vater des Vaterlandes und er verdiente denselben. Sein Sohn 
Peter behauptete, obwohl minder klug und großmüthig als Kosimo, seine 
Stellung (1464 —1469), aber gegen dessen beide Söhne Lorenzo und 
Zulian verschworen sich die Pazzi in Florenz, wobei mehrere Herren in 
Italien die Hände im Spiel hatten. Beide sollten 1478 in der Kirche 
während des Gottesdienstes ermordet werden; dies Schicksal traf aber 
nur den Julian, Lorenzo konnte sich retten und herrschte bis zu seinem 
Tode (8. April 1492). Er hat den Beinamen der Prächtige (II ma- 
gnifico); er legte das bürgerliche Wesen seines Großvaters bei Seite, 
zeigte in jeder Beziehung eine fürstliche Herrlichkeit und setzte einen per¬ 
manenten Rath zur Leitung aller wichtigen Staatsgeschäfte ein. Frei¬ 
gebigkeit und Wohlthätigkeit übte er in einem Umfange, wie sie nur 
ein kolossales Vermögen und ungewöhnliche Seelengröße möglich machen; 
selbst ein Dichter und Kunstkenner pflegte Lorenzo Kunst und Wissenschaft 
mit freigebiger Liebe, unterstützte Künstler und Gelehrte und machte da-
	        
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