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zen dazu getrieben haben: denn Kahne fuhren ab und zu und seh¬
ten Greise und Weiber ctufö Trockene, und Hände von Schwim¬
menden ragten aus den Fluten empor und trugen Kinder 51t ihren
Müttern ans Land, kurz, Noth und Hülfe suchtens einander zuvor
zu thun, aber die Noth hatte lange die Uebermacht.
Das edelste Menschenherz.unter allen aber schlug dies Mal
in einer Herzogsbrust, in der Brust des Herzogs Leopold von
Braunschweig. Diese öffnete sich zusammt Börse und Haus für
Hunderte von Unglücklichen. Nicht genug! Bald stand der Her¬
zog auch an dem Ufer und zog her vor den andern als rettender
Engel. Kaum erschien er, so umringten ihn Flehende von allen
Seiten. Eine Mutter fiel vor ihm nieder und flehte jammernd um
den Befehl, ihre Kinder zu retten. Er bot Geld aus, aber nie¬
mand hatte das Herz, es zu verdienen; denn gar zu schaurig
rauschte die Flut, immer höher steigend, und eignes Leben stand
gegen fremdes in der Wage. Da widerhallte in Leopolds Herzen
das mahnende Wort: „Wer da sucht seine Seele zu erhalten, der
wird sie verlieren, und wer sie verlieren wird, der wird ihr zum
Leben verhelfen!" — und schon stand er selbst im Kahne und ant¬
wortete denen, die ihm abriethen: „Was bin ich mehr als ihr?
Ich bill ein Mensch, und hier gilts Menschenleben!" und dahin
schwankte der Nachen über die rauschende Flut. Scholl nähert er
sicb dem jenseitigen Damme; jetzt ist er nur noch drei Schritte da¬
von; scholl sieht man im Geiste gerettetes Leben — ach, da schlug
Plötzlich der Kahn um, und — die Wetten der Oder sangen ein
Grabcslied, dazu ganz Frankfurt, ja ganz Europa weinte. Er
hatte seines Leibes Lebeil verloren, aber feiner Seele zum Leben
verhelfen. *
48. Selig sind die Sanftmiithigen, denn sic werden daö Erdreich
besitzen.
Herrmann wurde im Anfange, als er Schulze geworden war
und auf Ordllllng im Dorfe zu halteil anfing, oft von ben Nach¬
barn angefeindet und mit heftigen Reden gescholten. Weiln gleich
er wohl Ursache gehabt hätte zu zürnell, schalt er doch nicht wie¬
der, sondern besänftigte seinen Unwillen, all den gedenkend, der
nicht wieder schalt, da er gescholten ward, nicht drohete, da er litt,
und bann sprach Herrmann: „Ihr Leute, warum scheltet ihr ans
mich? Ich suche ja euer Bestes. Ohne Ordnung sann kein Dorf
glücklich sein. Mit der Zeit werdet ihr das besser einsehen und
mir danken!"
49. Friede ernährt, Unfriede verzehrt.
Eine Dorsschast Bauern lebte lange im Frieden und Wohl¬
stände. Einst aber, als die neue Kirche geballt wurde, erzürnten
sich die Frauen darüber, daß sie sich nicht vereinigen konnten, wer
auf der ersten oder zweiten Bank sitzen sollte. Da kam Feindschaft