fullscreen: Frankfurter Lesebuch für Fortbildungsschulen

3156 
v 
wiederum mit dem Herrn der Stadt teilte. Endlich fiel auch dem 
Meister ein geringer Betrag von den Steuern zu, welche die Gewerbe— 
treibenden zu entrichten hatten. 
Eine Unterscheidung zwischen fremden und einheimischen Gewerbe— 
treibenden waltete, soweit es sich um die Benutzung der zur Erleich— 
terung und Begünstigung des Marktverkehrs getroffenen Einrichtungen 
handelte, nicht ob. Jeder, der zum Betrieb eines Gewerbes in der 
Stadt zugelassen werden wollte, mußte sich den dem Handwerkerstand 
von dem weltlichen oder geistlichen Herrn der Stadt auferlegten Steuern 
unterwerfen und erwarb dadurch die Berechtigung zur Ausuͤbung seines 
Berufs und zum Feilbieten seiner Waren auf den öffentlichen Verkaufs— 
plätzen, den Lauben, Gewerbshallen und Bänken. Es herrschte also 
in dieser Beziehung das Prinzip der freien Konkurrenz. Ja, mit 
dem Besitz eines vollen städtischen Grundstücks, des sogenannten „Stadt— 
erbes,“ dessen geringster Wert schon frühzeitig festgestellt wurde, war 
sogar unumschränkte Gewerbefreiheit verbunden. Der Eigen— 
tümer eines „Stadterbes,“ der Vollbürger, konnte jede Beschäftigung, 
jeden Handel treiben, ohne daß er dazu der Erlaubnis seitens der Herr— 
schaft bedurfte. Allerdings werden wohl nur wenige Glieder des Hand⸗ 
werkerstands über ein hinreichendes Vermögen zum Erwerb eines solchen 
Stadterbs verfügt haben. Wenigstens deutet hierauf der Name der 
„Armen“ hin, den die Handwerker gewöhnlich führten und den sie 
sich selbst dann noch beilegten, als in den spätern Zeiten des Mittel— 
alters die Verhältnisse sich wesentlich geändert hatten und der Gewerbe— 
stand zum Wohlstand gelangt war. 
Außer den hörigen Gewerbsleuten gehörten auch persönlich freie 
Handwerker den hofrechtlichen Innungen an. Diese Handwerker bildeten 
gleichsam das belebende Element in den Innungen und regten ihre 
ihnen an Zahl weit überlegenen Kollegen zum Erstreben der bürger— 
lichen Freiheit an. Und zu all dem trat noch ein weiterer hochbe— 
deutsamer Umstand. Bei der Erblichkeit des Standes hatte die Zahl 
der hörigen Gewerbetreibenden von Geschlecht zu Geschlecht zugenommen, 
die hofrechtlichen Leistungen ließen, auf die Menge der Diensipflichtigen 
verteilt, dem einzelnen nunmehr genügend freie Zeit, für Fremde um 
Lohn zu arbeiten, was dem Leibeignen auf dem Land vollständig ver— 
wehrt wurde. Auf solche Weise war dem hörigen Handwerker die Ge— 
legenheit zum Erwerb eines größern oder kleinern Vermögens geboten, 
über das er indessen nicht frei verfügen konnte. Denn noch befland die 
drückendste Last der Hörigkeit, das Budteil oder Hauptrecht. Das— 
selbe äußerte sich darin, daß der Hofherr das beste Stück der von dem 
verstorbenen hörigen Gewerbsmann hinterlassenen Erbschaftsmasse für 
sich in Anspruch nahm und das übrige den Erben ausfolgen ließ. 
Früher, als die Hörigen noch kein Vermögen erwerben durften, als 
sie noch gleich dem Gesinde in der Behausung ihres Herrn wohnten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.