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Erste Periode der Neuzeit. Die Zeit der Religionskämpfe.
§82.
war, für die deutschen Protestanten und die Erweiterung seiner Macht ins
Feld. Der Kaiser dagegen erhielt eine willkommene Hilfe durch Wallenstein.
Albrecht von Wald st ein stammte von protestantischen Eltern in Böhmen.
Nach ihrem frühen Tode wurde er in einer Jesuitenanstalt erzogen und trat zur
katholischen Kirche über. Doch bewies er niemals religiösen Eifer. Nachdem er auf
der Universität Altdorf in Bayern studiert hatte, begab er sich nach damaliger Sitte
auf Reisen. In Padua wurde er mit dem Sterndeuter Seni bekannt, der
sein vertrauter Ratgeber wurde. Ins Vaterland zurückgekehrt und durch
Heirat zu bedeutendem Vermögen gelangt, beteiligte sich Waldstein mit selbstge-
wordenen Soldaten an der Unterdrückung des Böhmischen Aufstandes und lenkte
durch Tapferkeit und Freigebigkeit aller Augen auf sich. Dann kaufte er eingezogene
Güter der Protestanten zu billigen Preisen und erwarb sich dadurch einen gewaltigen
Landbesitz, dessen Mittelpunkt die Herrschaft Friedland war. Der Kaiser ehrte
ihn durch Ernennung zum Fürsten und später zum Herzog von Friedland. 1625
machte er dem Kaiser das Anerbieten, ein Heer aufzustellen, das ihn nichts kosten
sollte. „Der Krieg muß sich selbst ernähren." Als er die Werbetrommel
rühren ließ, strömten Tausende von Abenteurern, auch Protestanten, durch die Aus-
ficht auf Beute und lustiges Leben gelockt, zu seinen Fahnen.
Wallenstein besiegte Mansfeld bei Dessau, Tilly Christian IV. bei
1626. Lutter am Barenberge im Jahre 1626. Dann eroberten die beiden
siegreichen Heerführer Norddeutschland. Wallenstein wurde zum Herzog
von Mecklenburg und, um eine kaiserliche Seemacht zu gründen, zum Ad-
miral der Ostsee ernannt. Die Reichsstadt Stralsund sollte ihm als
Stützpunkt für Unternehmungen auf der Ostsee dienen. Aber die Bürger
der wohlbefestigten Stadt, von Dänen und Schweden unterstützt, leisteten
1628. hartnäckigen Widerstand, und Wallenstein mußte 1628 (trotz seiner prahle¬
rischen Drohung) die Belagerung aufgeben. Mit Christian IV. schloß
1629. er 1629 den Frieden zu Lübeck, worin der Dänenkönig aller Ein-
mischung in die deutschen Angelegenheiten entsagte.
5. Der Kaiser auf der Höhe seiner Macht, 1629-1680. Im Ge¬
fühle seiner Ubermacht erließ der Kaiser das Restitutionsedikt, das
von den Protestanten alle seit dem Passauer Vertrage eingezogenen
Kirchengüter zurückforderte*). Aber diese Übermacht war mehr scheinbar
als wirklich: das Einschreiten Schwedens und Frankreichs stand zu be-
fürchten, und die Liga wollte einen Mann wie Wallenstein nicht länger
neben sich dulden. Die ihr angehörenden Fürsten waren erbittert über
sein eigenmächtiges Auftreten und die Art seiner Kriegführung, unter der
auch ihre Länder zu leiden hatten. Der Kaiser gab ihrem Drängen nach
1630. und sprach auf dem Reichstage zu Regensburg 1680 Wallensteins
Absetzung aus. Ohne Widerstand gehorchte dieser und zog sich auf
seine Besitzungen in Böhmen zurück.
Vergleiche die Lage nach dem Lübecker Frieden mit der nach der Schlacht bei
Muhlberg!
n * *} Brandenburg sollte z. B. die Bistümer Brandenburg, Havelberg und
^,ebus nebst den Einkünften seit fünfzig Jahren herausgeben.
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