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das Gesicht leuchtete und Hände und Füße anfühlte, auch vergebens
seinen Namen rief, merkte man, daß er todt sei. Es war zwischen 2
und 3 Uhr Morgens den 18. Februar 1546. Er starb in seinem
63sten Jahre. Man zeigt noch jetzt das Haus in Eisleben, wo er ge¬
storben.
Der Kurfürst sandte auf die Nachricht von Luthers Lode sogleich
Befehl, Luthers Leichnam nach Wittenberg zu bringen. Freitags den
19ten Februar wurde er nach der Kirche in Eisleben gebracht, wo ihm
eine Leichenrede gehalten wurde; und Sonnabends den 20sten ward
der Sarg unter großer Begleitung nach Halle geführt. Auf dem Wege
dahin wurden in allen Dörfern die Glocken geläutet und Männer und
Weiber und Kinder schloffen sich wehklagend dem Zuge an. Abends
nach 5 Uhr nahete sich der Zug der Stadt Halle, deren Einwohner
ihm schon weit entgegen kamen, indeß der Magistrat, die Geistlichkeit
und die Schule den Leichenwagen in einem förmlichen Aufzuge ein¬
holten. Brücken und Straßen waren so gedrängt voll von Menschen,
daß der Zug oft still halten mußte und auf eine kleine Strecke Weges
(von der hohen Brücke durch das Moritzthor über den alten Markt
durch die Schmeerstraße bis nach der Marktkirche) fast zwei Stunden
zubrachte; erst gegen 7 Uhr war der Sarg in der Kirche niedergesetzt,
wo er die Nacht hindurch unter der Aufsicht einer Bürgerwache stehen
blieb. Ein Künstler nahm in der Zeit einen Wachsabdruck von dem
Gesicht des Todten. Das darnach verfertigte Bildniß ist noch jetzt
auf der Marienbibliothek in Halle zu sehen. Den folgenden Tag ging
der Zug weiter über Bitterfeld nach Wittenberg, wo er am Montag,
den 22sten Februar, ankam. Der Einzug durch das Elsterthor war
eben so feierlich, als rührend. Eine große Anzahl von Grafen und
Herren zu Pferde, dann die ganze Universität und der Magistrat zogen
vor und hinter dem Leichenwagen her; und hinten schloß sich der ganze
Haufen der um ihren großen Lehrer trauernden' Bürger mit Weibern
und Kindern an. Nie vielleicht ist eine ganze Stadt in eine so allge¬
meine und tiefe Trauer versetzt worden. Nach einer langen Leichen¬
predigt ward der Sarg in die vom Kurfürsten angewiesene Gruft in
der Schloßkirche gesenkt, über welcher noch jetzt seine Grabschrift auf
einer messingenen Tafel zu lesen ist.
57.
Dreißigjähriger Krieg 1618 —1648
1540 Gleich nach Luthers Tode, noch im Jahre 1546, kam es zum
Kriege zwischen den Protestanten und Katholiken, und was Luther ge¬
fürchtet hatte, die Unentschlossenheit der Lutheraner ward ihr Verderben.
Als Karl schon deutlich seine Absichten erklärt hatte, als man schon
hier und dort Rüstungen sah, wagten die protestantischen Fürsten nichts
Entscheidendes, ließen den günstigsten Zeitpunkt unbenutzt vorübergehen,
und wurden endlich durch die Gewalt der kaiserlichen Macht und durch
Treulosigkeit des sächsischen Herzogs Moritz besiegt. Es läßt sich
denken, daß jetzt die Protestanten vom Kaiser nicht mit Milde behan¬
delt wurden. Dieß reizte die Unterdrückten aufs Neue, und Moritz,