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Mit den von fremden Völkern gewonnenen Reichthümern wuchs die
Ueppigkeit, mit der Ueppigkeit alle Arten von Schändlichkeiten und Verbrechen.
Der alte Cato eiferte schon 200Jahr vor Chr. gegen den Aufwand, und meinte,
daß ein Staat schwer zu retten sei, in dem ein Fisch mehr koste als ein Ochs.
Mancher Seestsch wurde mit 200 bis 300 Thalern bezahlt!
Unzählige Schaaren von Sklaven, denen man zuletzt alle Arbeit überließ,
die alle Wissenschaften, Künste und Gewerbe trieben, wurden gehalten; die
Reichen hatten mehrere Tausend derselben, unter welchen die Geschicktesten zu¬
weilen 5000, ja bis 10,000 Thaler gekostet hatten. Die Ungeschickten wurden
aber so gering geachtet, daß Pollio, ein Freund Augusts, sie für begangene
Fehler in Stücke zerhauen und die Fischteiche mit der angenehmen Mast ver¬
sorgen ließ. Antonius hatte bloß für Mauer- und Zimmerarbeit öoo Sklaven.
Was war aus den anfänglich so einfachen Mittag- und Abendmahlzeiten
geworden! Lucullus, ein reicher Feinschmecker, erhielt einst unerwarteten Be¬
such vom Cäsar und Pompejus, und in aller Eile ward ein ländliches Abend¬
essen veranstaltet, welches 10,000 Thaler kostete. Sulla hatte die Bürger Roms
mehrere Tage lang mit den leckersten Gerichten und feinsten Weinen bewirthet,
und wie viel auch an jedem Tage übrig blieb, es wurde in die Tiber geworfen.
Der Schwiegersohn Sulla's, Markus Skaurus, ließ, nur um für einen
Monat das Volk zu belustigen, ein Theater mit 80,000 Sitzen bauen, das auf
schönen mit Marmor bekleideten Säulen ruhete, mit 3000 kostbaren Statuen
und Gemälden geschmückt war und Jahrhunderten hätte Trotz bieten können;
es wurde aber nach dem Monate des Gebrauchs wieder abgebrochen. Curio
bauete zwei große Theater, die man durch Maschinen herumdrehen, auseinan¬
der und nebeneinander rücken konnte. Die Schaubühne und Amphitheater
waren in Rom wie in Griechenland offen, aber seit Cäsar wurden sie mit
Purpurdecken überzogen zum Schutz vor den Sonnenstrahlen. Durch Wasser¬
künste ließ man, zur Erfrischung der Zuschauer, einen feinen Staubregen von
Wein und Wasser sprühen.
In der Zeit des Prunkes waren die Tischsitten ganz den Athenischen
ähnlich; Schaaren von Schauspielern, Sängern und Tänzern mußten zur
Unterhaltung dienen. Nur in den Leckereien und in der Kostbarkeit der Ge¬
richte wurden die Griechen von den Römern übertroffen. Um Seefische unter¬
halten zu können, wurden eigens Kanäle gegraben, welche das salzige Meer¬
wasser in die Fischteiche leiteten. Dem Römer H irtius kostete die Unterhaltung
seiner Seefische jährlich 400,000 Thaler. Auch für ausländische Vögel wurde
viel verschwendet, man bauete ihnen die schönsten Prachtgebäude. Schiffe und
Karawanen führten damals nach Rom die Leckereien und Kostbarkeiten der
fernsten Länder; Schaaren von Köchen und Lakaien wurden gehalten, alle
prächtig gekleidet; wenn einer dieser Sklaven während des Aufwartens bei
Tische nieste oder hustete, bekam er Peitschenhiebe.
Der Römer war von den ältesten Zeiten dem religiösen Aberglauben er¬
geben; in diesem Punkte bildete er seinen Geist nur langsam aus. Seine
meisten Gottheiten waren von den Griechen entlehnt; Vieles in seinem Gottes¬
dienste kam von den Etruskern. In den alten (fibyllinischen) Büchern fand
sich eine Weissagung, Griechen und Gallier würden Roms Boden einnehmen.
Man ließ daher, auf Anrathen der Priester, von jeder Nation ein Paar in die
Erde graben, damit so ohne Nachtheil für Rom die Weissagung erfüllt würde.
Als die Römer (150 v. Chr.) gegen Perseus fochten, setzte sie eine Mondfinster-