I. Das Weltgebäude.
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Tycho de Brahe, ein Däne, geb. 1516, der anfangs in Dänemark, später Astronom bei dem
Kaiser Rudolph in Prag war und daselbst 1601 starb, suchte zwar das alte System, nach
welchem die Erde still stehen und die Sonne sich bewegen sollte, wieder geltend zu machen,
allein bald kam man, besonders durch Würdigung der von Johann Keppler (geb. 1571 im
Würtemberg'schen, gest. 1630 in Regensburg) aufgestellten Gesetze, auf das Copernieanische
als das einzig richtige zurück, und je mehr die Künste und Wissenschaften fortschritten, na¬
mentlich je mehr die Fernröhre und andere hierher gehörige Instrumente verbessert und ver¬
breitet wurden, desto mehr gründete sich die Ueberzeugung von der Richtigkeit desselben. ES
traten mehrere große Astronomen auf, von denen wir nur den Franzosen Kartesius (gest. in
Stockholm 1650), den Engländer Newton (gest. 1727) und den Deutschen Wilh. Herschel
(geb. 1738 zu Hannover) nennen wollen; es wurden Sternwarten gebaut, kostbare Instru¬
mente angeschafft, und so erhielt man denn nach nnd nach die gegenwärtige Ansicht von dem
Weltgebäude.
Nach dieser Ansicht steht die Sonne fest, d. h. sie bewegt sich nicht um andre Körper,
sondern nur um ihre eigne Are; um sie herum aber bewegen sich die Erde und die anderen
10 Planeten mit ihren Monden, so wie die Kometen, und zwar nicht in ganz kreisrunden,
sondern in mehr länglich runden Bahnen. Ehe wir jedoch diese Bewegung der Weltkörper
genauer betrachten, wollen wir erst einen Blick auf ihre Entfernung und Größe werfen.
2) Der Durchmesser der Sonne übertrifft den der Erde 11,244 Mal und beträgt
etwa 190,000 geograph. Meilen, ihr Umfang über 600,000 Meilen und ihr Flächenraum
118,000,000 Quadratmeilen. Die Umwälzung der Sonne um ihre eigne Are geschieht eigent¬
lich in etwa 25 Tagen 14 Stunden 18 Minuten, aber wegen ihres täglichen scheinbaren
Fortrückens nach Osten (eigentlich des Fortrückens der Erde in entgegengesetzter Richtung)
zeigt sie uns erst nach 27 und % Tage die nämliche Halbkugel wieder. — Sobald man die
Sonnenscheibe mit Ausmerksamket durch Fernröhre betrachtet, wird man oft auf ihr Flecken
bemerken, die bald gänzlich schwarz, bald nur wenig leuchtend, zuweilen aber auch nur
glänzend sind (Sonnenstecken, Sonnenfackeln). Auf der S. 4 beigegebenen Abbildung erblickt
man mehrere der merkwürdigsten täglich erscheinenden Flecken, wie sie zu verschiedenen Perio¬
den mittels des Fernrohrs beobachtet worden sind. Die Striche, welche jede Reihe abtheilen,
bestimmen die tägliche Erscheinung des nämlichen Fleckes während mehrer auf einander fol¬
gender Tage. Aus diesen Flecken nun hat man eben mit Sicherheit geschlossen, daß die Sonne
sich um ihre Are drehe, denn diese Flecke, welche man erst östlich wahrnimmt, verschwinden
nach etwa 13 14 Tagen westlich und erscheinen nach eben so vieler Zeit wieder östlich.
Zuweilen bleibt die Sonne wohl Jahre lang ohne Flecke, oft erscheinen sie aber auch wieder
sehr zahlreich. Zweimal (d. 10. Decbr. und 9. Juni) bilden sie eine gerade Linie, die aber
im December von Nordost südwestlich, im Juni von Nordwest südöstlich sich neigt. In der
übrigen Zeit des Jahres, am meisten den 10. März und 10. Septbr. macht die Bahn der
Sonnenflecke und Sonnenfackeln einen Bogen, der im Frühling unterwärts oder südlich, im
Herbjte oberwärtö oder nördlich gekehrt ist. Aus dieser Erscheinung nun hat man eben daraus
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