West Indien.
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sind; so wie auch zwei starke Forts die enge Einfahrt des Hafens ver¬
theidigen, wovon das eine, der Morro, auf einem hohen Felsen
angelegt, auf 2 Seiten vom Wasser bespült und auf der dritten Seite
mit einem tiefen, breiten, in den Felsen gehauenen Graben umgeben
ist. Überhaupt ist Havana stark befestigt, ein Gibraltar Westindiens
und einer der stärksten Seeplatze; denn außer den beiden die Einfahrt
des Hafens beschützenden starken Forts und den die Stadt umgebenden
Wällen, umschließt eine Befestigungskette starker Forts und Batterien
die Stadt auf der Landscite. Das stärkste Festungswerk ist die in der
Nähe des Forts Morro 1764 mit ungeheuern Kosten erbaute Cita¬
delle oder Fort Cab an na, welches 2000 Mann Besatzung erfordert,
große Kaserne, zum Theil in den Felsen gehauene Gräben und mit
200 Kanonen besetzte Wälle hat, durch einen bedeckten Weg, und wie
einige behaupten, auch durch einen unterirdischen Gang mit dem nahen
Fort Morro in Verbindung steht und das Innere des Hafens beschützt *).
Vom Eingänge des Hafens betrachtet, bietet Havana einen der
malerischsten und lachendsten Anblicke dar und bildet ein höchst anmu-
thiges, herrliches Gemälde, so schön, wie nur irgend eins an den
Küstenländern des tropischen Amerika. Die Umgebungen vereinigen,
ohne die wilde Majestät der Brasilianischen Küstengegend und der Bai
von Rio de Janeiro zu erreichen, alle Reize angebauter Länder unsers
Europäischen Klimas mit der Fülle und Kraft, welche die Vegetation
der heißen Zone charakterisirt. Die Forts, welche die Klippen im Osten
des Hafens krönen, das von Dörfern umgebene Bassin desselben und
in diesem der Mastenwald mit den Flaggen der verschiedensten Natio¬
nen, die zahlreichen Kirchthürme der Stadt, die bald zwischen den
blattreichen Wipfeln der Palmen, bald zwischen den Segeln der Schiffe
hervorblicken, das lachende Grün der in der Stadt befindlichen Gar¬
ten, die rothen Dächer der Häuser, das alles gewährt an einem schö¬
nen sonnenhellen Tage ein höchst überraschendes und entzückendes
Schauspiel.
Doch das Innere der Stadt entspricht diesem ersten Anblick
nicht. Mit Ausnahme des Zollhauses, des Gouvernementspallastes, der
Tabaksfabrik und einiger Prachthäuser des Adels, sieht man meistens
niedrige Häuser, zwar von Stein erbaut und durchgehendS mit lebhaf¬
ten Farben angestrichen, aber gewöhnlich nur von einem Stockwerk.
Die größer« Hauser haben Balköne und große Thorwege, welche zu
den mit Saulengangen umgebenen Höfen führen, auf welche die Zim¬
mer herausgehen. In den schnurgeraden, fast sämmtlich engen und
nur an den Seiten gepflasterten Straßen, die daher bei Negenwetter
*) Die Cabanna soll 50 Millonen Piaster gekostet haben und dennoch
wird versichert, daß die gänzliche Vollendung der Werke nicht unter
100 Millionen möglich gewesen sey. Es ist bekannt, daß der König
von Spanien (Carl III.), als ihm die Rechnungen vorgelegt wurden,
die Frage that: „ob das Fort von Silber gebaut sey."