62 Von Konrad I. bis zum Untergänge Der Hohenstaufen.
Fehlen bis dahin für den Abendländer charakteristisch war, kam durch
die in Palästina lebenden Franken wieder in Mode. Die Neigung
zu Perlen und Edelsteinen wie zu kostbaren Schmuckwaffen erfuhr
eine Steigerung. In höfischen Dichtungen des Mittelalters werden
die griechischen und türkischen Waffen gerühmt. Auch im Kriegs¬
wesen und in der Nautik (Schiffahrtkunde) haben bie Abendländer
von ihren Gegnern gelernt, wie schon Benennungen wie Arsenal,
Admiral, Kalfatern, Zenit, Bussole lehren. Im Befestigungswesen
konnten die Orientalen gleichfalls als Vorbild dienen, da ihre Kennt¬
nisse nach dieser Richtung wohl noch von der Erbschaft des Altertums
zehrten (Schleudermaschinen, griechisches Feuer, die Tartsche [kleiner
handlicher (Schilt)], Armbrust). Auch von der neugebildeten Handels -
technik konnte das Abendland Nutzen ziehen (Tarif, Basar). Zur Er¬
weiterung des Verkehrs gaben die Kreuzzüge gleichfalls Anlaß. Die
Venezianer z. B. beteiligten sich an ihnen als Handelsmacht und be¬
trachteten die Niederlassungen in Palästina als Handels faktoreien.
Die zunehmenden Pilgerfahrten führten zu einem regelmäßigen zwei¬
maligen Postkurs im Jahr. Mit der Personenbeförderung war ein
regelmäßiger Frachttransport verbunden. Für Deutschland war die
Verschiebung des Handelsschwerpunkts von Byzanz nach Venedig von
günstigen Folgen, denn der Weg von den italienischen Städten nach
Nordeuropa führte durch deutsches Land. Somit waren auch die
Kreuzzüge der Anlaß, daß sich aus der feudal-agrarischen Kultur
(Adel und Bauern sind ihre Träger) allmählich die städtische
Kultur entwickelte. Zunächst empfing allerdings das Rittertum durch
den romantischen Geist, der die ganze Kreuzzugsbswegung durch¬
glühte, eine neue Stärkung, so auch durch die Entstehung der geist¬
lichen Ritterorden, in denen sich weltliche und geistliche Ideale ver¬
banden. (In des Italieners Torquato Taffo [1544—1595] Epos
„Das befreite Jerusalem" hat dieser Geist des ersten Kreuzzuges
feinen Ausdruck gefunden.) Der germanische Recke wurde der christ¬
liche Ritter, dessen Leben dem Herren-, Gottes- und Frauendienst ge¬
widmet war.
Geistliche Ritterorden. Die Tempelritter gingen aus der
französischen Ritterschaft hervor. Der Name kommt von ihrer Woh¬
nung, die in der Nähe des ehemaligen Salomonischen Tempels lag, einer
alten Basilika aus der Zeit Justinians. Wo jetzt die Moschee der Frauen
ist, befand sich damals der Waffenfoal der Templer. Ordenstracht:
weißer Mantel mit rotem Kreuz. Die Templer waren die un¬
erschrockensten Kreuzritter und die gefährlichsten Feinde der Sultane
(vgl. Lessings „Nathan"). In Frankreich fand der Orden 1312 durch