Full text: [Teil 2 = Kl. 6 u. 5] (Teil 2 = Kl. 6 u. 5)

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wohl ist. Aber wer von weitem hinsieht, der denkt, das ist ja wie ein 
riesiges Goldlager! So muß es in einer Goldgrube flammen und leuchten 
imb brennen, ganz so wunderbar. 
Diese märchenhafte Sandkuhle hat ein hohes und steiles Ufer, und 
5 in dem Ufer am Rande sind zahlreiche Löcher, in denen die zierlichen, 
sammetbraunen Uferschwalben wohnen. Und sie liegt am Mühlenberg. 
Der Berg hat seinen Namen ans früheren Zeiten; denn eine Mühle steht 
nun nicht mehr darauf, die ist einmal zur Nachtzeit verschwunden. 
Der Mühlenberg ist auch kein ganzer Berg mehr, sondern nur noch 
10 ein halber. Die fehlende Hälfte ist fortgewandert, nicht plötzlich wie die 
Mühle, sondern allmählich, korbweise, sackweise, fuderweise. Und so ist 
die Sandkuhle immer größer und breiter und tiefer gewachsen. Wo ist 
denn aber der Berg hingekommen? O, auf alle Wege und Straßen! 
Wohl in hundert Hütten und Häuser! Und der feinste Teil, der weiße, 
15 körnige Streusand aus dem Herzen des Berges, der hat alle Tage die 
Stuben müssen rein machen helfen, und der allerfeinste, schneeweiße nur 
die Sonntagsstuben. Habt ihr gesehen, wie so eine Dorfstube festlich 
aussieht, wenn die Vormittagssonne darein scheint und jedes weiße Sandkorn 
blitzt und unter der Stiefelsohle heimlich knirscht? Auf dem Tische steht 
20 dann ein Blumenstrauß, und ein blauer Duft zieht aus der Küche in 
die Stube; denn dort steht die Mutter mit heißen Backen am Herde und 
schmort einen jungen Hahn. Und der Bratvogel brutzelt leise. 
Gut ist es nur, daß sich so ein Berg, wie gesagt, nicht mit einmal 
versetzen läßt. Wo sollten sonst wohl die Kinder den ganzen Tag spielen? 
25 Und gibt es einen Platz ans der Welt, wo die Kinder lieber spielen als 
in so einem Sandberg? Ich glaube nein. Man sieht es ihm zwar nicht 
an, wenn man etwa am Abend, wenn der Mond scheint, dran vorüber¬ 
geht. Dann liegt er verlassen imb einsam da, und nur die weißen 
Steinchen schimmern im Mondlicht. Aber welch ein fröhliches Gewimmeß 
30 welch buntes, eifriges Leben waltet dort am Tage! 
So ein Sandbad macht nicht naß wie das Wasser, nicht schwarz wie 
der Morast, es macht auch nicht die Kleider grün wie das Gras. Auch 
sind keine Mücken und Schlangen da wie im Walde, noch kann man sich 
die Hosenbeine an der Innenseite zerreißen wie beim Baumklettern, ein 
35 Rütteln und Schütteln, und die Sandkörnlein springen gleich freiwillig ab. 
Und was läßt er sich alles gefallen! Wie verschieden läßt er sich formen! 
Es ist, als wartete er förmlich ans alle die spiellustigen Kinderhände: 
Kommt, kommt, zeigt, was ihr könnt! 
Und nicht wüst und öde ist es um diese Spielschule. Vorn am 
40 Rande stehen die hohen Königskerzen mit den krausen, filzigen Blättern, 
die leuchten wie Lichter, wenn auch nicht Königen, so doch Kindern, die 
hier ebenso glücklich sind wie Königskinder. Daneben stehen die zierlichen, 
roten Sandnelken und die gelben, unverwelklichen Blumen, die man Sand-
	        
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