Full text: Der deutsche Kinderfreund

171 
VIII. Won der Religionslehre 
VIII. 
Don der Religionslehre und von der heiligen 
Schrift. 
ÑÜie groß auch dir Vorzüge unseres menschlichen Kör¬ 
pers vor dem thierischen sind, so würden sie uns doch we¬ 
nig nützen, und zu unserer Wohlfahrt wenig oder nichts 
beitragen, wenn unser Körper nicht mit einer vernünfti¬ 
gen Seele vereinigt wäre; wenn diese Seele uns nicht fä¬ 
hig machte; Gutes und Böses, Recht und Unrecht, das 
Rühmliche und das Schändliche von einander zu unter¬ 
scheiden, und das Gute zu lieben, das Böse zu verab¬ 
scheuen, das Rühmliche zu begehren und das Schändliche 
zu verwerfen. Erst durch unsere Seele sind wir Men¬ 
schen, d. h. vernünftige, gefühlvolle und freie Geschöpfe. 
Das Thier hat nichts weiter, als Naturtriebe, und durch 
diese wird es gezwungen, das zu thun, was zu seinem Be¬ 
stehen und zu seiner Fortpflanzung nöthig ist; es kann an 
dem, was cs thut und macht. Nichts vrrbessern; es kann 
auch nicht einsehen, warum es gerade dies, und nichts An¬ 
deres thun müsse; eS kann seinen Trieben nicht widerstehen, 
eö kann sie nicht leiten und beherrschen; es weiß nicht, war¬ 
um und wozu es da ist, und hat keine Vorstellung von Gut 
und Böse, Recht und Unrecht, Feunde und Leid. Nur der 
Mensch kann denken, und sich Vorstellung machen; denn 
er hat Verstand, d. h. Lin Vermögen, das Gesehene, 
Gehörte, Gefühlte und Empfundene gleichsam in sich ab¬ 
zubilden, die Merkmale der gesehenen, gehörten oder em¬ 
pfundenen Dinge und Gegenstände zusammen zu fassen 
und zu vereinigen, und auf diese Art täglich unzählige 
Vorstellungen in sich aufzunehmen, diese mit einander zu 
verbinden und daraus Begriffe zu bilden. 
Das Thier muß blindlings seinen Trieben folgen; der 
Mensch kann sie beherrschen, mäßigen und leiten. Ich kann 
?. B. am Morgen, wenn ich geweckt werde, dem sinnlichen 
Triebe zur Ruhe, der mich nöthigt, noch läeger zu schien 
fen, Widerstand leisten, und zwar durch die Vorstellung 
meiner Vernunft, daß es thöricht und unrecht sein würde, 
noch länger zu ruhen, wenn der Körper nicht mehr der 
Rübe bedarf, und die kostbare Zeit, welche nützlich angr-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.