Full text: Der deutsche Kinderfreund

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II. Erzählungen 
13. Der Freund Ln der Noth. 
Abre liebe Mutter, fa^tc der kleine Hartman n, at¬ 
er eines Tages aus der Schule nach Hause kam: dem 
armen Niklas, der keinen Vater und keine Mutter mehr 
hat, gehr cs recht traurig; er ist sehr krank geworden, 
und die bösen Leute, welche ihn zu sich genommen ha¬ 
ben, lassen ihn in einer abgelegenen Kammer ganz allein 
liegen, ohne ihn zu warten und zu pflegen; das jammert 
mich sehr, und ich möchte wohl den armen kranken Nik¬ 
las recht oft besuchen, wenn du es erlauben wolltest. Sehr 
gern, mein Sohn, antwortete die Mutter, denn es ist 
recht und gut, daß Freunde sich einander in der Noth 
bcistehen, aber sey auch dabei vorsichtig, und erkundige 
dich zuvor, ob die Krankheit deines Freundes nicht an- 
steckend, und für dich also keine Gefahr dabei zu besor¬ 
gen ist. Sogleich lief Hartmattn hin, um sich zu erkun¬ 
digen; und brachte die Nachricht, daß die Krankheit nicht 
ansteckend sey. Nun gieng er alle Tage zu seiuem kran¬ 
ken Freunde, saß stundenlang an seinem Bette, holte 
Allerlei herbei, was er bedurfte, und brachte sogar einige 
Stunden des Nachts bei ihm zu. Als Niklas sich wie¬ 
der erholte, las ihm Hartmann aus guten Büchern Et¬ 
was vor, und brachte ihm stärkende Speisen, welche er 
sich von seiner guten Mutter erbeten hatte. Einer seiner 
Mitschüler sagte einst zu ihm: du bist doch ein rechter 
Thor, daß du Stundenlang bei dem kranken Niklas sitzest; 
ich würde mich dafür bedanken. Würde es dir nicht sehr 
wohl gefallen, antwortete Hartman», wenn du krank und 
von allen Menschen verlassen wärest, und ein Freund näh¬ 
me sich deiner an, spräche dir Trost zu und pflegte dich? 
Niklas wurde bald wieder gesund, und dankte seinem 
Freunde Hartmann mit inniger Rührung für seinen lieb¬ 
reichen Beistand. Wie wollte ich mich freuen, sagte er, 
wenn ich dir auch wieder etwas zu Liebe thu» könnte, 
guter Hartmann; aber ich bin arm, und weiß auch nicht, 
womit ich dir eine Freude machen kann. Nach einiger 
Zeit kam Hartmann eines Tages in sein kleines Gärt¬ 
chen, welches er sich auf dem Hofe selbst angelegt und 
cingerichter hatte. Wie erstaunteer, als er alles Unkraut 
ausgerauft, die kleinen Beete sorgfältig umgegraben, ge¬ 
harkt und mit schönen Blumen besetzt fand. Er konnte
	        
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