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Nach dieser Darstellung der katholisch-kirchlichen Verfassung über¬
haupt sprechen wir noch besonders über die Verfassung der katholischen
Kirche in Preußen. Von den mehr als fiebenzehn Millionen Unter¬
thanen des preußischen Staates bekennen sich beinahe sechs Millionen
zum Katholicismus. Diese wohnen zum größten Theile in der Rhein¬
provinz, in Westfalen, Schlesien und Posen. Durch die Bulle vom
16. Juli 1821, welche der hochselige Papst Pius VH. erlassen hat,
ist ihr Kirchenthum geordnet worden. Es gibt gemäß dieser Bulle in
Preußen zwei Erzbisthümer *) und sechs Bisthümer, nämlich:
1) Das Erzbisthum Köln, ausgezeichnet durch sein hohes
Alter und durch den Glanz, welchen es von je her unter den Bisthü-
mern Deutschlands gehabt hat. Der Erzbischof ist geborener Legat
(Gesandter des römischen Hofes) — eine Würde, die außer ihm in
Deutschland nur noch der Erzbischof von Prag bekleidet. Zudem wurde
der gegenwärtige Erzbischof von Köln, der hochwürdigste Herr I o-
hannes von Geissel, vom Papste zum Cardinal der heiligen Römi¬
schen Kirche erhoben, und erhält als solcher das Prädicat Eminenz.
2) Das Bisthum Trier. 3) Das Bisthum Münster. 4)
Das Bisthum Paderborn. Diese drei Bisthümer sind auch ur¬
alt; sie bilden mit der kölner Erzdiözese eine kirchliche Provinz unter
dem Erzbischöfe von Köln.
5) Das Erzbisthum Gnesen und Posen. Dieses ist gebil¬
det durch die Vereinigung der beiden bischöflichen Sitze Gnesen und
Posen.
6) Das Bisthum Kulm, dessen Bischof Suffragan des Erz.
bischofs von Gnesen und Posen ist.
7) Das Bisthum Ermeland, und 8) das Bisthum
Breslau. Die Bischöfe dieser beiden Diözesen find keinem Erzbi¬
schöfe als Suffragane, sondern unmittelbar dem päpstlichen Stuhle un¬
terworfen.
In jedem Erzbisthume und Bisthume befindet sich ein Domcapitel,
welches meistens aus einem Propste, einem Dekan und mehren wirk¬
lichen und Ehren-Canonikern besteht. Das Erzbisthum Köln hat außer
dem Domcapitel zu Köln mit einem Propste, einem Dekan, zehn wirk¬
lichen und vier Ehren-Canonikern noch ein Collegiatstift zu Aachen mit
*1 Mehre Diözesen bilden in ihrer Vereinigung eine kirchliche Provinz,
an deren Spitze der Bischof einer Diözese steht, welcher Erzbischof
heißt. Die ihm untergebenen Bischöfe werden seine Suffragane ge-
nannt. Die Rechte deS ErzbischofeS waren früher sehr bedeutend; die
Ehrenrechte desselben bestehen in einem Kreuze, welches ihm innerhalb
seiner Provinz vorgetragen wird, und in dem Pallium, einer weißen
wollenen, mit Kreuzen durchwirkten Binde, die in Rom am Grabe
deS heiligen Petrus gesegnet und vom Erzb schofe über die Schultern
herabhangend getragen wird. ES soll dadurch die Vereinigung mit
dem Stuhle des heiligen Petrus verfinnbildet werdm.