Full text: Lesebuch für obere Classen in katholischen Elementarschulen

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und sogar falsche von guten unterscheiden konnten. Man hat für 
Blinde Bücher mit erhabenen Buchstaben angefertigt, in welchen sie 
lesen lernen können; auf diese Weise hat man auch Landkarten und 
Noten für diese Unglücklichen eingerichtet. 
Gesicht, Gehör, Geruch, Geschmack, Gefühl nennt man 
die fünf Sinne. Jedes Sinnglied ist nur für eine gewisse Art von 
äußeren Eindrücken empfänglich: daö Auge für das Licht, das Ohr 
für den Schall, die Nase für das Riechbare, die Zunge und der Gau¬ 
men für das Schmeckbare und die Gesühlsnerven für das Körperliche 
überhaupt. Gesicht und Gehör werden die edleren oder höheren Sinne 
genannt, Geruch, Geschmack und Gefühl die unedleren oder niederen. 
Durch die edleren Sinne können wir Dinge wahrnehmen, welche weit 
von uns entfernt sind. Der Geruch nimmt die Dinge nur in der 
Nähe wahr, der Geschmack und das Gefühl erst in unmittelbarer Be¬ 
rührung. Ohne die fünf Sinne wäre uns die ganze Außenwelt 
verschlossen. 
4L Die Seele oder der Geist des Menschen. 
Der Leib ist der sichtbare, körperliche Theil des Menschen und nur 
das Werkzeug eines unsichtbaren, unkörperlichen Wesens, das auf eine 
für uns unbegreifliche Weise mit dem Leibe verbunden ist und Seele 
oder Geist heißt. Die Seele ist es, die uns belebt und thätig macht, 
die in uns denkt, fühlt und will und immer fortdauert; sie 
ist himmlischer Abkunft, nach Gottes Ebenbilde erschaffen und zur ewi¬ 
gen Seligkeit bestimmt. Die Seele, obgleich ein einfaches Wesen, 
nur Eine Kraft, äußert sich doch in verschiedenen Wirkungen, und 
wir unterscheiden an ihr mehrere Kräfte, die einer wunderbaren Aus¬ 
bildung und Vervollkommnung fähig sind. Es ist darum von sehr 
großer Wichtigkeit, die Seele oder den Geist des Menschen näher ken¬ 
nen zu lernen, weil wir dadurch erst zu einer genaueren Selbstkennt¬ 
niß gelangen. 
a. Aeußere und innere Wahrnehmungen. Ich sehe den 
Baum, höre den Donner, rieche die Rose, schmecke den Zucker, 
fühle die Sonnenwärme — alles dies ist außer mir, es gehört zu 
meiner Außenwelt. Ich liebe meine Eltern, empfinde Reue und 
Mißvergnügen, wenn ich fie betrübt habe, bin traurig, wenn sie 
krank sind; ich fürchte dann, sie möchten mir durch den Tod entrissen 
werden, hoffe auf ihre Genesung und freue mich, wenn sie sich 
wieder wohl befinden; ich werde mir meines inneren Zustandes, wie 
auch meiner selbst bewußt. Was wohlgefällig und mißfällig, schicklich 
und unschicklich, schön und häßlich, edel und unedel ist, werde ich in 
mir selbst gewahr — es gehört zu meiner Innenwelt. Meine Seele 
kann das, was außer und in ihr ist, gewahr werden oder wahrnehmen. 
Die Seele erhält äußere und innere Wahrnehmungen, jene vermittels
	        
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