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in schöner Gegend, ist aber zugleich der Mittelpunkt für die
Dampfschifffahrt auf dem Ober- und Niederrhein, sowie auf dem
Main, welche von den Reisenden vielfältig benutzt wird, um die
schönen Aussichten an beiden Flüssen zu gemessen. Auch liegt
Mainz mitten in dem Bezirke, wo die Rheinweine wachsen, auf
der einen Seite das Rheingau, auf der anderen die Pfalz. Natür¬
lich also, dass von hier aus viele Versendungen von Wein gemacht
werden. Auf einem freien Platze der Stadt steht das Standbild
des Johann Gutenberg, eines gebornen Mainzers, welcher vor
400 Jahren die Buchdruckerkunst erfand. Mit Recht hat man
sein Andenken geehrt, denn ohne seine Erfindung würden wir
noch in der Barbarei leben, wie alle Völker, welche keine oder
wenige Bücher besitzen. Am wichtigsten ist jedoch die Stadt
Mainz als Bundesfestung. Um nämlich im Falle eines Krieges
mit Frankreich die Franzosen am Rhein aufzuhalten und das
Innere von Deutschland zu schützen, hat der deutsche Bund die
Festungen Luxemburg, Mainz und Landau für gemeinschaftlich
erklärt, und Mainz ist nicht von hessischen, sondern von zahl¬
reichen östreichischen und preussischen Truppen zu gleichen Thei¬
len besetzt, und der Oberbefehlshaber (Gouverneur) wird von
Östreich und Preussen abwechselnd ernannt. Man baut jetzt noch
zwei andere Bundesfestungen: Rastatt in Baden und Ulm in Wür¬
ttemberg , Mainz wird aber immer eine der stärksten und wich¬
tigsten bleiben.
Die kleine Landgrafschaft Hessen-Homburg würde
vielleicht kein selbstständiger Staat mehr sein, wenn die Prinzen
der regierenden Familie sich bei der Befreiung Deutschlands
von der Herrschaft der Franzosen nicht so ausgezeichnet hätten.
Das merkwürdigste in dem Lande ist das vortreffliche Mineral¬
bad zu Homburg, wo sich zahlreiche Fremde sammeln, um durch
den Gebrauch des Gesundbrunnens und den Aufenthalt in der
schönen Umgebung am Fusse des Taunus ihre Gesundheit zu
stärken. Schade, dass das schlimme Glücksspiel dort auch seinen
Sitz aufgeschlagen hat!
77. Rodenftein.
Die kegelförmigen Berge des Odenwaldes tragen zum Theile
Ruinen alter Burgen auf ihren Häuptern. Manche derselben dienen
noch jetzt zur Verschönerung der Umgegend; andere sind so sehr zer¬
fallen, daß sie aus der Ferne nicht mehr sichtbar sind. Allein die
Volkösagen, welche sich an diese Reste einer längst verschwundenen
Zeit knüpfen, machen sie immer noch interessant für Einheimische und
Fremde.
Zu den wichtigsten dieser verfallenen Schlösser gehören Schnellerts
und Rodenstein, beide an dem Flüßchen Gersprenz fast 2 Stunden von
einander gelegen. Dort haus't der Volkssage nach als Spukgeist der
Ritter von Rodenstein. Bei herannahendem Kriege zieht derselbe mit
seinem wilden Heere von Burg Schnellerts aus durch das Thal hindurch,
ohne sich durch die im Wege liegenden Dörfer aufhalten zu lassen und kehrt