Full text: Für die Oberklassen (Theil 2)

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31. Der Winter. (Schilderung.) 
31. Entschwunden sind die heiteren, warmen Sommermonate, 
unaufhaltsam dahin geeilt sind die kühleren und doch noch so reizen¬ 
den Tage des reiche Früchte spendenden Herbstes, und der kalte, starre 
Winter ist eingezogen. Dunkle Wolken lagern auf Wald und Höhen; 
öde, traurig und verlassen sind Flur und Hain. In dichten Flocken 
wirbelt der wollige Schnee aus den trüben Lüften herab und deckt 
Straßen, Gärten, Wiesen, Felder und Wälder. Der sonst so lieblich 
murmelnde Bach, der plätschernde Teich und der noch vor kurzer Zeit 
mächtig rauschende Fluß sind mit starren, festen Eisdecken überzogen. 
Kein munteres Vögelein läßt seine Stimme erschallen; in wahrer 
Todesstille liegt die erstarrte Natur vor uns, und knisternd weicht 
der eisige Schnee den Tritten des eilenden Wandrers. In Städten 
und Dörfern fahren jubelnde Knaben auf ihren kleinen Schlitten von 
den schneebedeckten Hügeln und Anhöhen blitzesschnell in das Thal 
hernieder, oder jauchzen beim Schlittschuhlauf auf der spiegelglatten 
Eisfläche. Wehen die Lüfte etwas linder, dann wälzt die fröhliche 
Kinderschaar große Schneebällen zusammen, und formt aus ihnen 
menschenähnliche Gebilde. 
In den langen, kalten Abenden, wenn draußen eisigrauhe Winde 
stürmen und den Schnee in wilder Hast durch die menschenleeren 
Gassen jagen, sammelt sich die Familie im engen Stübchen um den, 
wohlthuende Wärme ausströmenden Ofen, und freundliche Gespräche 
kürzen, bei muntrer Arbeit, die Stunden. Die erwachsenen Töchter 
des Landmanns drehen fleißig das schnurrende Rädchen und mehren 
das Garn auf der schwellenden Spule. 
Und dann das herrliche Weihnachtsfest! Welch' ein Jubel herrscht 
an diesen lieblichen Festtagen unter der Kinderwelt! Freude glänzt 
aus aller Augen, und auch der Aermste freut sich bei seinem Weih¬ 
nachtslichtlein. 
So hat auch der kalte, starre Winter seine Freuden. 
32. Mittel gegen Schwerinuth. 
32. In einem Orte, wie's keinen mehr dieses Namens gibt, 
war ein Mann, wie's in jedem Orte einen gibt, — ein Mann näm¬ 
lich , dessen Vermögensumstände einen ungewöhnlich raschen Krebs¬ 
gang gingen. Darüber wurde er schwermüthig. Er schaute meist 
starr und stumm auf einen Fleck hin, und wenn er redete, so lautete 
es manchmal ganz verwirrt. Vergebens hatte die gute Frau allen 
Vorrath an Thränen und Vorstellungen erschöpft; aber der Sauls¬
	        
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