Full text: Lesebuch für die Volks- und Bürgerschulen in Mecklenburg-Schwerin

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spiel, Wettrennen u. s. w. nicht fehlen dürfen, versteht sich von 
selbst. Betäubt und ermüdet geht endlich alles in die stille Fasten¬ 
zeit hinein. 
TT Lissabon. 
Wenn man aus dem grossen atlantischen Ocean in die breite Mün¬ 
dung des Tajo einfährt, so erblickt man links die alte, berühmte Stadt 
Lissabon, die sich zwei Stunden lang vom Ufer des Flusses an die 
Berge hinanzieht und mit ihrem Gewirr von Häusern, Palästen, Kirchen 
und Ruinen einen gar prächtigen Anblick gewährt. Über die Stadt blicken 
die zackigen Höhen des Cintra - Gebirges weg. Das gegenüberliegende 
Uier ist mit Landhäusern und Gärten, mit Orangen- und Olivenhainen 
besetzt. Die Lage der Stadt an den Bergen macht es, dass viele Häuser 
nach der Flussseite hin ein oder zwei Stockwerke mehr haben, als nach 
der entgegengesetzten Seite. Es kommt vor, dass man zur ebenen Erde 
in ein Haus tritt und auf der andern Seite erst zwei Treppen hinabstei¬ 
gen muss, um die Ausgangsthür zu finden. Manche Strassen sind gar nicht 
gepflastert; in den meisten sieht es wenigstens nicht residenzmässig aus. 
Denn Reste von Speisen, Kehricht, Unrath — alles wird auf die Strasse 
geworfen und muss dort liegen, bis die Sonne es verzehrt oder ein tüch¬ 
tiger Regen es wegspült. Dazu wimmelt es von Bettlern und herren¬ 
losen Hunden, die beide gleich unverschämt sind, sich ihren Unterhalt 
zu verschaffen. Ob es der Schmutz der Strassen oder die Menge des um¬ 
herstreifenden zwei- und vierbeinigen Gesindels macht, genug, wer es 
irgend ermöglichen kann, geht nicht zu Fuss, sondern reitet oder fährt, 
wenn er auch nur einen kurzen Besuch bei einem benachbarten Freunde 
macht. Kann eres nicht bis zu einem Pferde oder Maulthier bringen, so 
spannt er Ziegen und selbst Hammel vor den Wagen und fährt wohlge- 
muth seines Weges dahin. 
Lissabon ist mehrere Male von Erdbeben stark heimgesucht worden, 
zuletzt am Feste Allerheiligen, den 1. November 1755. Es war Morgens 
kurz vor zehn Uhr, während die Kirchen gedrängt voll waren, als ein 
heftiger Erdstoss gespürt wurde, von dem Kirchen und Schlösser und 
Häuser zusammenstürzten. Bald folgten noch mehrere Stösse. Zwei 
Stunden darauf brach eine Feuersbrunst aus, die sich bei dem heftigen 
Sturm rasend schnell verbreitete und Tage lang wüthete, bevor ihr ein 
Ziel gesetzt ward. Die Menschen waren in das Freie hinaus geflohen 
und schauten mit Entsetzen die brennende Stadt an, während ringsumher 
die Erde sich bewegte, wie Wellen im Meere, oder hie und da sich auf- 
that und Schwefel und Feuer aus ihrem Munde warf. Plötzlich, als wollten 
sich alle Elemente zum Untergange der Stadt vereinigen, stieg der Tajo 
vierzig Fuss über seine gewöhnliche Höhe, warf grosse Schifte über 
Mauern und Häuser weg und brachte vielen Menschen, die am Ufer Schutz 
gesucht hatten, den Tod. An 30,000 Menschen sind bei jenem Erdbeben 
umgekommen. Dasselbe ist im ganzen westlichen Europa und dem nörd¬ 
lichen Amerika gespürt worden. Auch bei Waren und Malchow will man 
es beobachtet haben. 
23. Die Stiergcfecbte in Spanien. 
Die großartigsten Volksbelustigungen in Spanien sind die Stiergefechte, 
die auf der ganzen Halbinsel vorkommen, am glänzendsten aber in Madrid 
gegeben werden. Die Stiere werden in den Gebirgen eingefangen. Der Ort
	        
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