Full text: Geschichte des Alterthums (Theil 1)

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Drucke der Priester wie eine lebendige Maschine arbeitend, durch 
Ausdauer und Geduld so ungeheure Werke hervorbringen. 
Die ältesten Bauwerke finden sich in Oberägypten. Mau baute 
theils in Felsen, theils mit Backsteinen, welche in der Sonne ge¬ 
trocknet waren, theils mit sehr großen Werksteinen. Für die Ge¬ 
bäude ist Sandstein das gewöhnlichste Material. Holz verwandte 
man schon wegen der Holzarmnth des Landes sehr wenig zum Bauen. 
Fast alle Decken der Tempel bestehen aus horizontalen Quadersteinen; 
Gewölbe kommen erst kurz vor der Eroberung durch die Perser vor. 
Die berühmtesten Werke der ägyptischen Baukunst sind die Fel¬ 
sengräber, die Pyramiden, die Tempel und die Obelisken. Die Fel¬ 
sengräber sind in großer Menge in den Gebirgen zu beiden Seiten 
des Nils, besonders in dem der Westseite angebracht. Sie sind so¬ 
wohl in Beziehung auf die Zahl und Größe der Gemächer und 
Gänge, als auch in der Pracht der Ausschmückung sehr verschieden. 
Sie haben nur eine enge Thür und werden nicht durch das Tages¬ 
licht erhellt. Die Wände sind mit Inschriften, Sculpturen und Ma¬ 
lereien bedeckt. 
Die Pyramiden sind vierseitige Gebäude, deren Seitenflächen 
Dreiecke sind und oben in eine Spitze zusammenlaufen. Die mei¬ 
sten befinden sich bei der Stadt Memphis auf Plateaus der liby¬ 
schen Bergkette. Die Seiten derselben sind genau nach den vier 
Weltgegenden gerichtet. Die meisten sind aus Kalkstein, einige aus 
ungebrannten Backsteinen erbaut, andere bestehen an den Kanten aus 
Quadersteinen, im übrigen aus Backsteinen. Sie hatten früher mei¬ 
stens eine Bekleidung von polirtem und mit Sculpturen und In¬ 
schriften versehenem Granit oder Marmor, welche aber jetzt grö߬ 
tenteils verschwunden ist. Der Eingang zum Innern, den ein 
einziger Stein verschließt, ist schwer zu finden, durch ihn gelangt 
man in schmälere und breitere Gänge, welche am Ende in eine 
oder mehrere Kammern führen; die ansehnlichste enthält den Sar¬ 
kophag des Königs. Die Erbauung der Pyramiden wird auf fol¬ 
gende Weise angegeben: war der Platz zur Aufführung der Pyra¬ 
miden geebnet, so wurde die erste Steinlage horizontal gelegt, so¬ 
dann richtete man die innern Gänge und Kammern ein, füllte den 
Raum ringsum mit Steinen ans und legte außen die großen Werk¬ 
stücke stufenweise über einander, so daß man wie auf Treppen hin¬ 
aufsteigen und um die Pyramiden herumgehen konnte. Tie Stufen 
wurden dann mit Bekleidungssteinen ausgefüllt, so daß die pyra¬ 
midale Form oder schiefe Fläche hervorgebracht wurde. Der oberste 
Theil wurde zuerst fertig. Die größten und berühmtesten Pyra¬ 
miden sind drei, von derjenigen Gruppe, welche man nach einem 
neuern Orte die Pyramiden von Ghize zu nennen pflegt. Sie sind 
von zahllosen Felsengräbern umgeben und werden nach ihren angeb¬ 
lichen Erbauern die Pyramiden des Cheops, des Chephren und des 
Mycerinus genannt. Die größte von ihnen ist die Pyramide des 
Cheops. Sie besteht aus 203 Steinschichten, jede Seite ihrer Grund¬ 
fläche mißt 716 pariser Fuß, die Höhe beträgt ohngefähr 450 Fuß. 
Oben bildet die Pyramide jetzt eine Fläche von ohngefähr 30 Fuß 
Durchmesser, und 38 Fuß über dem Boden befindet sich der Ein¬ 
gang in das Innere. Nach Herodot sollen 100,000 Menschen, welche
	        
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