Full text: Geschichte des Alterthums (Theil 1)

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SyruS. 
Die Perser waren durch Phraortes dem stammverwandten Volke 
der Meder unterwarfen worden (siehe S. 72). In dieser Abhängig¬ 
keit blieben die Perser bis zur Regierung des Astyages, welcher 
der letzte medische König war. Angeführt von Cyrus empörten sich 
die Perser und unterwarfen sich die Meder (559 v. Chr.); sie wur¬ 
den nun an der Stelle der Meder nicht nur das herrschende Volk 
unter den iranischen Stämmen, sondern Cyrus dehnte auch sein 
Reich weit über Irans Grenze bis zum mittelländischen Meere aus. 
Die Geschichte des Cyrus wird von den griechischen Schriftstellern 
sehr verschieden erzählt. Nach Herodot stammte Cyrus von väter¬ 
licher Seite von der vornehmsten persischen Familie, der der Achä- 
meniden, her, und seine Mutter war eine Tochter des Astyages. 
Dieser soll, durch einen Traum erschreckt, seinen Enkel auszusetzen 
befohlen, den von einem Hirten geretteten Knaben aber später als 
seinen Enkel anerkannt haben. Von dem medischen Feldherrn Har- 
pagus, welchen Astyages schwer beleidigt hatte, angeregt, soll Cyrus 
seine persischen Landsleute zur Empörung bewogen, seinen Gro߬ 
vater besiegt und des Thrones beraubt haben. Er behandelte jedoch 
den gefangenen Astyages mit Achtung und wies ihm in Ostpersien 
eine Provinz zu seinem Unterhalte an. —. Anders freilich erzählen 
Lenophon und Ktesias die Geschichte des Cyrus, und es ist nur so 
viel gewiß, daß Astyages nach einer fünfunddreißigjährigen Regie¬ 
rung durch einen schnell entschiedenen Krieg seine Herrschaft an Cy¬ 
rus verlor und dadurch die Perser an der Stelle der Meder das 
herrschende Volk unter den iranischen Stämmen wurden. Die Me¬ 
der fügten sich diesem Regierungswechsel; denn Cyrus behandelte sie 
mit Milde und ließ ihnen ihre Einrichtungen. Auch waren Meder 
und Perser eigentlich nur verschiedene Stämme eines und desselben 
Volkes. Tie drei edleren Stämme der Perser erhielten zwar den 
Rang vor den Medern und bildeten gleichsam einen Adel; aber es 
bestanden auf der anderen Seite alle Mitglieder der persischen Prie¬ 
sterkaste aus Medern und diese hatten ein großes Ansehen und einen 
gewissen Einfluß auf die Regierung. Die Perser scheinen damals 
von den bereits gebildeteren Medern manches angenommen zu haben, 
doch ist das nicht wahrscheinlich von der Religion, sondern wie Me¬ 
der, Baktrer und andere iranische Stämme bekannten sich auch die 
Perser schon zur Lehre Zoroasters. 
Nachdem Cyrus die iranischen Stämme, welche nach dem Falle 
des Astyages ihn nicht anerkannten, besiegt hatte, wandte er seine 
Waffen gegen das lydische Reich. Dieses hatte damals unter Krö¬ 
sus, dem Sohne des Alyattes, seine höchste Macht erreicht und be¬ 
stand aus dem größten Theile von Kleinasien. Diese an Größe 
Deutschland beinahe gleichkommende Halbinsel ist von der Natur 
durch Fruchtbarkeit, vortheilhafte Lage zwischen Europa und Asien 
und durch treffliche Häfen an seinen Küsten sehr begünstigt. Den¬ 
noch hat Kleinasien in der Geschichte fast nie eine diesen Vorzügen 
angemessene Nolle gespielt. Der Grund dieser Erscheinung scheint 
die große Mannigfaltigkeit und verschiedene Abkunft der Völker zu 
sein, welche sich in Kleinasien seit der frühesten Zeit angesiedelt hat¬ 
ten. Eine eigenthümliche Kultur scheinen die Phrygier und Lydier 
gehabt zu haben. Nach zwei früheren Königsgeschlechtern, welche
	        
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