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Bilder aus Europa. — Skandinavien und Dänemark.
tiefen aufsteigen, an allen Küsten des nördlichen Europas erscheinen, zu
Milliarden eine Beute der Raubfische werden und doch immer wieder in
der gleichen zahllosen Fülle zum Vorschein kommen! Der Häring erscheint
und verschwindet mit bewunderungswürdiger Regelmäßigkeit. Lebt er eine
Zeit lang in dem fernen Polarmeere, hat er dort in Tiefen, wohin kein
Senkblei reicht, seinen geheimen Staat gegründet, und zieht er von dort
wie die Reitervölker der Steppen jährlich aus, um die Meere zu durch¬
schwärmen? Man kann sich solchen Träumen hingeben, wenn man von den
Häringskönigen hört, welche die Schwärme anführen und in ihren silber¬
glänzenden Rüstungen ihnen voraufziehen. Die Häringskönige sind Sensen¬
fische, welche gegen 3 Meter lang werden und häufig als Prinzen und
Herzöge den gewaltigen Zug zu leiten scheinen. Man weiß nun wohl, daß
der Häring im Frühjahr an die norwegische Küste schwimmt, um zu laichen,
und wieder abzieht, sobald dieses Geschäft verrichtet ist; aber es erscheinen
im Sommer und Herbst auch andere Schaaren von junger Mannschaft,
welche vielleicht von fernen Brüteplätzen kommt.
Zu allen Zeiten aber ziehen einzelne unermeßliche Heere aus, bald
nach Schottland hinüber, bald in die Ostsee, bald an Hollands Küsten, bald
an die Fjorde der Finnmarken oder tief hinab an die norwegische und
schwedische Küste durch das Kattegat und den Sund, und so genau ist der
Mensch von ihrem Kommen und Gehen unterrichtet, daß er alles vorher
zu ihrem Empfange vorbereiten kann. Woher sie kommen, wohin sie gehen,
das weiß er nicht; aber den Fischern und Kaufleuten ist es genug: sie sind
da! und sie eilen, diesen Besuch zu benutzen. Der Härmg erscheint jährlich
dreimal an der Küste von Norwegen; aber der Hauptfang geschieht im
Februar. Es ist die Frühlingsfischerei; sie liefert die größte Menge und
die fetteste, größte Art des Fisches. Aus einem kleinen Raume zwischen
Bergen und Stavanger sind im Februar wenigstens zweitausend Böte, die
mit zwölstausend Menschen bemannt sind, mit Häringsfischerei beschäftigt.
Die Fischer begeben sich zu Ende des Januar auf die Inseln hinaus,
empfangen Vorschüsse für ihren Fang von den Kaufleuten, miethen Plätze
und Hütten, thun sich in Gesellschaften zusammen und bestimmen die
Theilung, lassen sich die Fischplätze anweisen, wo sie ihre Netze auswerfen
sollen, treffen Verabredungen mit dem Empfänger ihrer Waare und erwarten
dann die Häringsschwärme, denen sie ungeduldig täglich ins Meer hinaus
entgegen fahren, um den langersehnten silberblauen Schein zu entdecken,
welcher das Nahen der Beute anzeigt.
Noch ehe die Stunde schlügt, verkünden schnelle und fürchterliche
Wächter das Herannahen des Zuges. Einzelne Walfische streichen an der
Küste hin und werden mit lautem Jubel begrüßt; denn der Walfisch ist
der sichere Verkünder des Härings. Es ist, als habe er den Auftrag er¬
halten, den Menschen die Botschaft zu bringen, man solle sich zum Angriff
bereit machen. Sein Schnauben in der ungeheuern Wasserwüste, seine
Fontänen, die aus den Wogen steigen, wunderbare Springbrunnen, die in
den Lüsten funkeln, sind seine Sprache: Gebt Acht! Wir liefern sie euch,
seid bereit und fertig! Hat der Walfisch seine Sendung vollbracht, so jagt
er zurück zu seinen Gefährten und hilft ihnen den geängstigten Häring
rascher gegen die Küste treiben, wo sich dieser in die Scheeren, zwischen die
Inseln und Klippen drängt und, um grimmigen Feinden draußen zu ent¬
kommen, anderen noch schrecklicheren in die Hände fällt. Denn hier erwarten
ihn die Fischer mit ihren Netzen. Jedes Boot hat deren sechsunddreissig,
die meisten zwei Faden lang und einen tief. Mehrere werden an einander
geknüpft; man stellt sie in Reihen auf, unten mit Steinen beschwert und
oben von Holzklammern gehalten. Wären die Netze größer, so würden sie