Full text: Die Töchterschule (Theil 13)

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ten, wie er von weitem rief: Mutter, sieh nur, wie Franziska's 
Hand da blutet! Eine Natter hat siegcbissen!— Ach Franziska! 
meine Franziska h eine Natter! Gott, warum ließ ich sie doch 
hier spielen! Hülfe! Rettung! das war alles, was sie mit ver¬ 
schlungenen Armen ächzte, das war es, was sie einem eben vor¬ 
über eilenden Manne in gebrochenen Worten stammelte. 
Junges Weib, sagte der Wanderer, ich kann nicht weilen, 
mein Vater liegt in jenem Dorfe todeskrank; auch habe ich nur 
einen Rath: seht, wo ihr einen Hund bekommt, der eurem 
Töchterchen das Gift aus der Wunde saugt, aber geschwind, ge¬ 
schwind ! sonst weiß ich nichts. 
Mit diesen Worten ging der Mann vorüber, und Klemen¬ 
tine taumelte, wie vom jähen Schwindel überfallen, und die 
Verzweiflung zuckte in ihrem blassen Gesichte. Doch nach ei¬ 
nem Augenblick ward ihr Antlitz heiter; sie erhob sich schnell und 
freudig, wie wenn man Rettung sieht. Ein Hund das Natter¬ 
gift aus ihrer Wunde saugen? sagte sie; das wird einHund nicht 
thun, aber eine Mutter kann es, eine Mutter thut es, und ha¬ 
stig zog sie ihre Tochter an sich, als ob sie von einem Abgrunde 
sie wegriß, und drückte die sanften Lippen auf die Wunde, und 
sog und sog so innig und so lange, als könnte sie hundertjähriges 
Leben aus dieser Wunde saugen. 
Indem sah Antonio den Vater sich nähern und stürzt ihm 
entgegen, und erzählt ihm, was geschehen sey, und was die 
Mutter thue. Vor Entsetzen erbleichte der junge Mann und 
wankte, und hielt sich an dem nächsten Baum. Was machst 
du Vater ? rief der Knabe, und sprang auf ihn zu, als wollt' 
er ihm helfen ; aber noch ehe er ihn umfaßte, bebte er wieder 
zurück vor einer todten Schlange, die er jetzt erst an des Vaters 
Stab gebunden erblickte, und stammelte: ach, die Natter war 
es, ja so eine Natter hat unsre liebe Franziska gebissen! 
Nun Gottlob, Gottlob! jauchzte der Vater, das ist kerne 
Natter, das ist eine unschädliche Schlange, die niemand todten 
kann. Mit nassen Augen erreichte er seine Hütte,-umfaßte 
die Tochter mit der Mutter, und schloß sie lange an seine Brust, 
und rief mit trunkner Freude: Böses, treffliches Weib, wie hast 
du mich erschreckt! aber Gott seyDank, die Schlange war nicht 
giftig! der Herr sey gepriesen, wir bleiben noch beisammen, und 
deine Mutterliebe werd^ ich nie vergessen, und keines von deinen 
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