schichte angesehen wird. Er unternahm weite Reisen von Kleinasien aus, auf
denen er bis nach Babylon und Karthago gekommen sein soll. Das Werk, das
er uns hinterlassen hat, zeichnet sich durch Treue und Genauigkeit der Angaben
aus. Es hat zur eigentlichen Aufgabe die Darstellung der Kämpfe zwischen
Griechen und Barbaren; Schilderungen von Ländern und Völkern sind aber
zahlreich eingefügt.
Zur Zeit Alexanders des Großen drang der Mathematiker und Astronom
Pytheas aus Massilia (Marseille) bis nach Albion (England) und Baltia (die
Ostsee mit ihrer Umgebung) vor; der nördlichste Punkt, den er erreichte, war das
sagenhafte Thüle, vermutlich eine der Shetland-Jnseln. Um 200 v. Chr. G. unter-
nahm Eratosthenes von Kyrene, der Vorsteher der alexandrinischen Bibliothek, die
erste Gradmesfuug zwischen Alexandrien und Syene und berechnete daraus die
Größe der Erde. Später schrieb er das erste die ganze bekannte Welt umfassende
geographische Werk.
Zur Zeit Christi machte sich der Grieche Strabo um die geographische
Wissenschaft verdient durch weite Reisen und Abfassung eines Werkes, das
in 17 Büchern die Geschichte der Geographie, mathematische und physische Erd-
künde und die Länderkunde behandelte. Noch bedeutsamer war das Wirken des
Alexandriners Ptolemäus, der um 125 n. Chr. die bis dahin gemachten astro-
nomischen Entdeckungen und Beobachtungen zum „Ptolemäischeu System" zusammen-
faßte, in seiner „Geographischen Anleitung" zuerst die Lage der Orte nach Graden
bestimmte (der Anfangsmeridian geht schon über die Kanarischen Inseln) und den
Grund zur heutigen Kartenprojektionslehre legte. Sein Werk blieb bis zur
Wiedergeburt der Wissenschaften im 15. Jahrhundert das gewöhnlichste und am
meisten verbreitete Lehrbuch der Geographie. Auch die großen Entdeckungen dieser
Zeit haben daran angeknüpft, da die Forschungen und Arbeiten der inzwischen
aufstrebenden Mohammedaner (Edrisi aus Ceuta, um 1150; Abülfeda, Fürst in
Syrien, um 1300; Ebu Batuta aus Marokko, um 1340) größeren Einfluß nicht
gewannen.
Die Entwicklung der geographischen Wissenschaft in der Neuzeit nahm ihren
Ausgang von den im Gefolge der großen Entdeckungen erscheinenden Kosmo-
graphien. Sie enthielten Länderbeschreibungen, verbunden mit der oft phantastisch
aufgeputzten Darstellung des Wissenswerten aus der Welt- und Naturgeschichte. Heraus¬
geber berühmter Kosmographien des 16. Jahrhunderts waren Petrus Apiau,
Professor in Ingolstadt, und Sebastian Münster, Professor in Basel. Einen mehr
wissenschaftlichen Charakter hatte das Werk des Bernhard Varenius (1622—50)
aus Hitzacker in Hannover, des Vaters der geographischen Systematik, das
A. v. Humboldt „eine physische Erdbeschreibung im eigentlichen Sinne des
Wortes" nennt. Von nicht geringem Einfluß waren auch die Arbeiten des großen
Gerhard Mercator (1512—94), des Reformators der Kartographie, dem wir den
ersten Entwurf eines richtigen Bildes der Erdoberfläche verdanken.
Ehe jedoch eine wahrhaft wissenschaftliche Erdkunde sich entfalten konnte, die
die Fülle der Einzelerscheinungen zu verknüpfen verstand und „durch eigene Beobach-
tuug, durch Versuche und durch Rechnung die Dinge, welche auf, unter und über
der Erdoberfläche lagern", in ihrem ursächlichen Zusammenhange erkannte, mußten
die Wissenszweige, die ihr heute ihre Hilfe darbieten, sich aus den Banden
mittelalterlicher Anschauungen befreien. Es geschah dies durch den Beginn der