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Stockwerke, ins Krätzersche Haus auf dem Vallplatz flog ein Stein, 
der über 13 Zentner wog, ebenso wurden ungeheure, glatt be¬ 
hauene Simssteine von 13—15 Zentnern Schwere noch in ziem¬ 
lich weiter Entfernung auf Promenaden und Plätzen vor der Stadt 
gefunden; so furchtbar war die Gewalt des Luftdrucks gewesen. 
Die Mauer des alten Kästrichs bildete eine starke Brustwehr 
und schützte den vor ihr liegenden Stadtteil vor noch größerer 
Verheerung; dagegen wurden die Gautorbrücke und das dortige 
Wachtlokal zerstört und die preußische Wachtmannschaft getötet oder 
schwer verwundet. Wäre ein für den Nachmittag anberaumt ge¬ 
wesenes Turnfest der österreichischen Garnison nicht kurz vorher 
der ungünstigen Witterung wegen abgesagt worden, so hätten 
200 österreichische Offiziere wahrscheinlich im Wallgraben ihr Leben 
eingebüßt. 
57 Wohnhäuser waren vollständig zerstört, 64 teilweise ein¬ 
gestürzt, kaum ein Gebäude in der ganzen Stadt blieb unbeschädigt. 
Sämtliche Scheiben des Oberlichtes im Frankfurter Hofe zerbrachen, 
ebenso die prachtvoll bemalten Domfenster, die Oberfenster der 
Hauptsynagoge und viele Fenster der Rochus-, Christophs-, Quin- 
tins- und Emmeranskirche. Auch am Regierungsgebäude und im 
entfernter gelegenen Schlosse zeigte sich die Gewalt der Erplosion. 
Im Museum wurden Türen, Fenster, tasten, Schränke und Glas¬ 
behälter zertrümmert und die wertvollen Gegenstände durcheinander 
geworfen. Doch nicht nur hier in der Stadt zersprangen alle 
Fensterscheiben, dasselbe geschah auch in vielen umliegenden Ort¬ 
schaften wie in Zahlbach, Weisenau, Mombach und Mastel, ja so¬ 
gar in Biebrich, Hochheim und Finthen. In Wiesbaden flogen 
Türen auf und zu und zersprangen Scheiben; im ganzen Rheingau 
bis jenseits des Taunus, in mehr als 50 Stunden Entfernung, 
ja, bis ins Fürstentum Waldeck und selbst im Königreich Württem¬ 
berg war ein erdbebenartiges Erzittern des Bodens wahrnehmbar. 
Fast alle Glaser der Umgegend waren nach Mainz geeilt, um die 
notwendigen Arbeiten auszuführen; doch dauerten diese lange Zeit; 
denn noch nach Wochen sah man Fensterrahmen mit Papier ver¬ 
klebt. Alle Fenster der Krankenzimmer erhielten dagegen schon in 
den ersten zwei Tagen nach der Erplosion die fehlenden Scheiben. 
Die Ursache der Katastrophe ließ sich nicht mit Sicherheit 
feststellen, da der mutmaßliche Täter, der Korporal Wimmer,
	        
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