102
bcf, ich bitte daß Er Sie bekehren welle." — Am
folgenden Tage wiederholte er eben diele Aeußerung,
legte seine Hand auf die Brust seines Freundes und
sagte: „Ich hoffe, Gott wird Ihr Herz rühren."
52. Sparsamkeit aus Menschenliebe.
Der letzte Abt und Prälat deS aufgelösten Bene-
diktinerftifrs Banz im Würzburgischen, Gallus Deiner-
lin, hatte einen so großen Trieb zur Wohlthätigkeit, daß
er in Rücksicht aus seine Person für geizig gehalten
wurde, um nur wahrhaft Nothleidende, ohne Unter¬
schied ihres religiösen Glaubens, mit einer beinahe ver¬
schwenderischen Freigebigkeit zu unterstützen.
Einst machte ihm sein Kammerdiener bemerklich,
daß er eines neuen Hutes und Reckes bedürfe, weil
beide mehr abgenutzt wären, als es sich für seine Würde
schicke. Er fertigte ihn aber mit der Antwort ab: „Der
alte Hut ist gut für mich, ich bin ja auch alt; und statt
eines neuen Nockes thut der alte — gewendet — auch
noch seine Dienste." — An dem nämlichen Tage schenkte
er einer dürftigen Familie in der Nachbarschaft 30 Thaler
zum Ankauf eines Stückes Bieh, und 300 Gulden einer
seiner armen Anverwandten zur Ausstattung ihrer Tochter.
Er beauftragte einst seinen ehemaligen Mitbruder,
Herrn Scharr, ihm in Bamberg eine goldene Uhrkette
für 6 Carolinen zu kaufen. Aber schon einige Tage da¬
rauf schrieb er an denselben: „Mein Gewissen billigt
meinen Wunsch nicht; der Lurus soll der Noth wei¬
chen; also keine Uhrkette, sondern Nahrung für die Ar¬
men. Ich habe für die 6 Carolinen Erdäpfel gekauft
und deßhalb meinen Kutscher nach Gießbach geschickt,
sie abholen zu lassen. Das zerrissene Uhrbändchen
mag ich lieber noch länger sehen, als die von Hunger
und Gram zerrissenen Gesichter der Armen."
53. Auch ein armes blindes Mädchen kann
wohlthun.
Ein blindes Mädchen brachte einem Geistlichen