71
2. Die französische Revolution*
1. Ursache der Revolution. Im Jahre 1789 brach in Frankreich eine schreckliche 1789
Revolntion ans. Dnrch Verschwendung und endlose Kriege hatten nämlich Ludwig XIV.
und Ludwig XV. das Land mit einer unerträglichen Schuldenlast beladen. Dazu kam
noch, daß die vielen Millionen, die der Staat alljährlich nötig hatte, ganz allem von den
Bürgern und Bauern aufgebracht werden mußten; denn der Adel und die Geistlichkeit,
die gerade den größten Teil des Grund und Bodens inne hatten, waren von jeder Ab¬
gabe befreit. Aber damit noch nicht genug. Der Bauer hatte auch noch für den Adel die
schwersten Frondienste zu leisten; für Brücken und Wege mußte er ihm allerorten Zoll
zahlen, das Getreide durfte er nur in seiner Mühle mahlen, das Brot nur in seinem
Ofen backen. Die Landleute lebten daher im größten Elend. Tausende nährten sich von
Raub und Diebstahl; über eine Million trieb sich bettelnd im Lande umher. Dazu nahmen
Roheit und Unsittlichkeit immer mehr zu, und der Glaube an Gott erschien den meisten
wie ein albernes Märchen.
2. Ausbruch. Unter Ludwig XVI. kam die Revolution zum Ausbruch. Er mußte
büßen, was seine Vorgänger gesündigt Hatten. Alle Not und alles Elend sollte er ver¬
schuldet Haben. In Paris war die Aufregung fürchterlich. Bewaffnete Pöbelhaufen durch¬
zogen Paris. Die Soldaten des Königs weigerten sich, auf die Aufrührer zu schießen, und
schlossen mit ihnen Freundschaft. Jetzt brach der Ausruhr offen hervor. Die Sturmglocken
wurden geläutet, und jeder griff zu den Waffen. Der König versuchte, in einem Post¬
wagen zu entfliehen, wurde aber auf einer Haltestelle vom Postmeister erkannt und von
der Bürgergarde nach Paris zurückgebracht. Hier setzte man ihn ab und erklärte Frank¬
reich für eine Republik.
Der König Friedrich Wilhelm II. von Preußen wollte dem Könige Ludwig XVI.
beistehen und vereinigte sich zu diesem Zwecke mit dem Kaiser. Unter dem Oberbefehl
des Herzogs von Braunschweig rückten die Heere der Verbündeten über den Rhein
(1792), aber sie vermochten nichts auszurichten und mußten sich wieder an den Rhein
zurückziehen. Dnrch diesen Feldzug war das Ansehen des preußischen Heeres bedenklich
gesunken.
In Frankreich aber wurde der Aufruhr immer größer. Die christliche Religion
wurde abgeschafft und ein lasterhaftes Weib als Göttin der Vernunft verehrt. 1793 fiel
des Königs Haupt durch Henkershand, und neun Monate später wurde auch seine Ge¬
mahlin, Marie Antoinette, hingerichtet.
3. Schreckenszeit. Der Ruf: „Freiheit und Gleichheit!" erscholl jetzt überall, auf
den Straßen und in den Versammlungen. Aber gerade die Männer, die dieses Wort
fortwährend im Munde hatten, waren die scheußlichsten Tyrannen: Marat, Danton,
Robespierre u. a. Fast jeden Tag wurden 30—40 Personen — einigemale sogar
Kinder — hingerichtet. Zeugen hörte man gar nicht an. Wer nur ein Wort des Mi߬
fallens über das Schreckensregiment äußerte, war reif für das Fallbeil (Guillotine). So
wurde auch ein Dienstmädchen zum Schaffot geführt, weil es gesagt hatte, zur Zeit des
Königs sei es doch besser gewesen, ein andermal ein Vater, weil sein Sohn ausgewandert
war. Niemand war seines Lebens sicher. Die Scharfrichter waren kaum imstande, die
Menge der Verurteilten abzuschlachten. Endlich aber wurden auch die Rädelsführer vom
Gericht Gottes ereilt. Marat wurde im Bade erdolcht. Danton und Robespierre endeten
unter der Guillotine.
4. Beginn des neuen Zeitalters. Durch die Revolution wurden die Vorrechte
des Adels und der Geistlichkeit abgeschafft, und die Leibeigenschaft der Bauern wurde
aufgehoben. Die Bauern hatten ihrem Herrn keine Frondienste mehr zu leisten und
der Kirche nicht mehr den Zehnten zu entrichten. In den Städten wurde der Zunft-
und Junungszwaug aufgehoben und jedem Bürger volle Gewerbefreiheit gestattet. Die
Steuern wurden nach Besitz und Vermögen verteilt und die höchsten Militärstellen jedem
Bürger zugänglich gemacht. — Aber das viele,unschuldig vergossene Blut sollte nicht
ungerächt bleiben.