Contents: Geschichte des deutschen Volkes und des deutschen Landes

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Von den andern Brüdern Kaiser Rudolfs wurde Matthias 1577 von den 
Niederländern zum Statthalter gewählt, mußte aber, ohne so kritischer Stellung 
zwilchen Spanien und dem muthigen Freiheitsvolke gewachsen zu lein, 1580 diese 
Würde wieder niederlegen. Maximilian wählte ein Theil der Polen-gegen den 
von einer andern Partei erkorenen schwedischen Prinzen Sigismund 1587 auf ihren 
Tbron; aber auch er konnte sich nicht behaupten, wurde geschlagen und gefangen 
(1588), tauschte gegen seine halbe Krone die Freiheit ein und starb (1620) als 
Hochmeister des deutschen Ordens, soweit derselbe in Deutschland selbst noch be¬ 
stand. Alb recht, erst Cardinal und Erzbischof von Toledo, vermählte sich mit 
Clara Eugenia, Infantin von Spanien 1598, die ihm die spanischen Niederlande 
zubrachte, und starb 1621 kinderlos. Als der Oheim dieser Brüder, Ferdinand 
von Tirol und Vorderösterreich, 1595 starb, stritten sich die ober- und inner¬ 
österreichische Linie um die Erbfolge, bis man 1602 entschied, daß Maximilian im 
Namen beider Linien diese Lande regieren solle. 
Die gleiche Religionsbedriickung erfuhren auch die Evangelischen in Ungarn 
und Siebenbürgen; und Fürst Sigismund Bathori nahm in dem 1592 mit den 
Türken wieder ausgcbrochcnen Krieg bald auf dieser bald auf jener Seite Antheil, 
bis er 1602 gegen 50,000 Ducatcn Siebenbürgen dem Kaiser ganz abtrat. Da¬ 
gegen wurde 1604 Stephan Botskai gegen Rudolfs höchst intoleranten Statthalter 
Graf Basta, mit Unterstützung der Türken, zum Fürsten gewählt und wußte sich 
durch sein Waffenglück und im Vertrag von 1606 im erblichen Besitze zu behaupten, 
so wie den Evangelischen in Ungarn völlige Religionsfreiheit und Ausschließung 
der Ausländer von öffentlichen Acmtcrn zu verschaffen. Seine Nachfolger waren 
4608 Gabriel Bathori, Gabriel Bethlen und Georg Ragoczy (ff 1660). 
In den Angelegenheiten der Niederländer beschränkte sich Rudolf blos auf 
(fruchtlose) Vermittlungsversuche zu Cöln. Ihre Verbindung mit dem deutschen 
Reiche löste sich factisch auf, wenn gleich die Utrechtcr Union noch dem Reiche 
treu zu bleiben versprochen hatte. Aber da das Reich sie nicht unterstützte, wandte 
sie sich nach Frankreich 1580 und sperrte dem deutschen Handel den Rhein. Mit 
unendlicher Weitläufigkeit verhandelte man auch über diesen Punct, wie über die 
Türkenhülfe, die Aachner Sache u. s. w., auf dem Reichstage zu Augsburg 1582, 
erließ avocatoria und inhibitoria, brachte memorialia und propositiones, machte 
relationes und correlationes, steigerte sich in Schriften und Gegenschriften bis zur 
Sextuplic und bewilligte endlich zwei Römermonate dem westfälischen Kreise, weil 
die an den niederländischen Gränzen stehenden vielen spanischen Kriegsvölker, von 
denen man noch andere Gefahr für das Reich befürchtete, den deutschen Bauern 
Hühner und Gänle weggeholt hätten, — das war die Maus, welche der Berg 
gebar! Die spanischen Feldherren konnten oft ihre Truppen nicht bezahlen, und 
diese drangen dann brandschatzend ins Clevische und Westfälische und nahmen Winter¬ 
quartiere. Die Niederländer, da auch Elisabeths von England Hülfe nur eine 
eigennützige und zweideutige war, kämpften sich selbst ihre Freiheit durch, der 
Krieg schuf ihnen Helden und ernährte sich selbst. Philipp II. aber erlebte dessen 
Ende gar nicht mehr, sondern starb als ein Bettler — er ließ eine Beisteuer in 
Spanien durch die Geistlichen für sich sammeln und zeigte seinen Kindern seinen 
mit Schwären und Läusen bedeckten Leib — in seinem goldenen Escurial und 
hoffte sich in der Mönchskutte in den Himmel einzuschleichen (>598). Sein Nach¬ 
folger Philipp III. schloß mit dem niederländischen Freistaat Waffenstillstand auf 
12 Jahre. 
Wie hätten auch die Protestanten sich der fremden Sache lebhafter annchmen 
mögen, da sie in ihrer eigenen, außer wo es Streit um Lehren galt, sich io 
leidend verhielten, wenigstens ihren Reactionen keinen Nachdruck zu geben wußten!
	        
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