Full text: Länderkunde Europas mit Ausnahme des Deutschen Reiches (Teil 2)

II. Natur und Menschenwerk. 
13 
Grenze teilt sich der Rhein in zwei Krme: der kleinere, nördliche heißt später Lek, der 
größere, südliche lvaal. Die Waal vereinigt sich mit der im großen Vogen der Grenze 
entlang' fließenden Maas und bildet mit den Mündungsarmen der südlicher fließenden 
Schelde ein breites Stromdelta von Inseln und Meeresstraßen. Die Flußläufe sind 
durch künstliche Dämme auf ihr Bett beschränkt. Denn weite Strecken haben hier nur 
eine Höhenlage bis ju Im; ja, der ganze W, ein viertel des Landes, liegt bis zu 5 m 
unter dem Meeresspiegel. Sanddünen, breite Wälle, welche der wind bis zu 60 m 
hoch in langen Linien aufgeweht hat, und künstliche, sehr kostspielige Deiche schützen 
die Rüsten gegen Überschwemmungsgefahr. Trotzdem hat die Wut des Ozeans große 
Stücke Landes fortgeschwemmt. Der Zuidersee, früher ein Vinnensee. ist durch Sturm- 
fluten zu einem Meerbusen geworden, und die Westfriesischen Inseln, durch seichtes Watten- 
meer zur Flutzeit getrennt, sind Reste des ehemaligen Festlands. 
II. a) Gesamtbetrachtung. Gleichmäßiges Seeklima. Die schmale Ausdehnung 
an der Rüste und die flache Vodengestalt bewirken, daß sich alle Teile des Reichs eines 
milden ozeanischen Klimas mit kühlen Sommern, milden Wintern, sowie reichlichen 
Niederschlägen erfreuen. 
Das Land der Viesen, Marschen und Wasserstraßen in begünstigter Handels- 
läge. Der Naturausstattung ihrer Heimat verdanken die Niederländer sehr mannigfache 
Erwerbsquellen. 
b) Linzelbetrachtung. Jenseits der preußischen Grenze gelangt man in ein 
sandiges Hügelland, dessen unfruchtbarer Voden (Geest) magere Kiefernwälder, Heiden 
oder ausgedehnte Moore, z. V. das Vourtanger Moor an der Nordostgrenze, trägt. 
Längs der Strommündungen und nach den Rüsten zu liegt, durch Ablagerungen der 
Flüsse und des Meeres entstanden, die Marsch. Sie besitzt sehr tonigen, fruchtbaren Voden. 
Zahlreiche Kanäle, welche durch Deiche eingehegt oft höher liegen als das Nachbar- 
gelände, zerlegen das Gebiet gitterförmig in große Rechtecke. Überall sieht man hier 
Windmühlen, welche in Verbindung mit Dampfmaschinen den Überfluß an Wasser 
aufpumpen und durch die Kanäle ableiten. Die starke Feuchtigkeit des Vodens läßt 
das Gras aufs üppigste emporschießen, so daß auf der tafelebenen, wiesengrünen Flur 
große Herden schwarzbunten Rindviehs zumeist auch während des schneearmen Winters 
weiden. In den Molkereien werden Käse und Vutter von vorzüglichster Beschaffenheit 
hergestellt. Wald fehlt fast gänzlich; der Ackerbau ist gering, dagegen blüht der Garten- 
und Gemüsebau (Kohl, Bohnen, Tabak), und der leichtere Voden an der großen westl. 
Halbinsel trägt ausgedehnte Vlumengärtnereien (Tulpen und Hyazinthen), hier haben 
auch reiche Tonlager — die einzigen Bodenschätze des Landes — die Porzellanherstellung 
begünstigt. Der Kampf gegen das Meer hat die Bewohner zu Meistern in allerlei 
Wasserbauten gemacht. Weite Landstriche haben sie z. B. dem Meere wieder abgerungen. 
Auf diese Weise will man setzt das Gebiet des Zuidersees urbar machen. 
An den hafenreichen Küsten treiben große Fischerflotten den Heringsfang. An den 
friesischen Inseln werden Küstern und andere eßbare Muscheln gesammelt. So wur- 
den die Niederländer mit dem Meere vertraut, lernten den Schiffsbau, die Tau- und 
Segelanfertigung, vor allem begünstigte die Lage an der äußersten Nordwestkante die 
glänzende Entfaltung des Seehandels, welche noch heute die Haupterwerbsquelle der 
Bewohner bildet. Ihr reicher Kolonialbesitz im Malaienarchipel (Java) liefert dem 
niederländischen Seehandel vielbegehrte Waren (Tabak, Tee, Kakao, Kaffee, Zucker, 
Reis, Gewürze).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.