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hingehalten wurde, so wollte der Kaiser mit ihnen kämpfen, fand jedoch
keinen Zugang zu ihnen wegen der unwegsamen und wasserreichen
Gegenden, welche dazwischen lagen. Deshalb schlägt er mit Umsicht eine
Brücke über den Fluß Oglio, zieht hinüber, den Schein eines Rückzuges
annehmend, greift aber die Mailänder, als sie heimkehren wollen, plötzlich
an und überfällt die Unvorsichtigen in ihrem Lager. Da sie heftigen
Widerstand leisteten, so dauerte das Gemetzel bis zur Abenddämmerung.
Die Nacht machte dem Kampfe ein Ende. Etwa 5000 Streiter hatten
sich um das Carrocium geschart; sie alle fliehen des Nachts aus Furcht
vor dem Kaiser und lassen das Carrocium und viele Wagen im (Stiche.
Zugleich mit ihnen fliehen die Bewohner des Städtchens Cortenuova
während der Nacht, ihr Städtchen preisgebend. Nach Anbruch des
Morgens bringt der Kaiser das leere Lager und das Carrocium zusammen
mit dem Podesta der Mailänder in seine Gewalt und führt biefen ge¬
fangenen Podesta, einen Sohn des Dogen von Venedig, um des Schau¬
spiels willen auf jenem Streitwagen im Triumphe nach Cremona. Es
wurden aber in diesem Kampfe zu Gefangenen gemacht, erschlagen oder
im Flusse Oglio ertränkt 10,000 Feinde. Aus Seiten des Kaisers kamen
sehr wenige um. Der Kaiser sendet das Carrocium nach Rom zum
Zeichen und Andenken dieses Triumphes."
So hatte der Kaiser alle Feinde gedemüthigt. Als aber Mailand und dessen
Bundesgenossen Unterhandlungen suchten, und der Kaiser aus unbedingter Unterwerfung
bestand, warnte ihn die Gräfin von Easerta: „Herr, Ihr habt ein so schönes Reich,
Ihr habt alles, was einen Menschen beglücken kann; warum stürzt Ihr Euch in diese neue
Fehde?" Er entgegnete: „Der Ehre wegen 'bin ich so weit vorgeschritten; der Ehre
wegen kann und will ich nicht mehr zurück." Aber schon wurde er auch von seinen
Feinden bei der Kirche verdächtigt:
„') Es wurde ihm nämlich zur Last gelegt, daß er in dem katholischen
Glauben wanke, ja sogar von ihm abtrünnig geworden sei, und daß er
Worte geredet habe, aus denen man nicht nur auf die Schwäche seines
katholischen Glaubens schließen könne, sondern die sogar, was noch viel
schwerwiegender und schlechter sei, eine offenbare und gewaltige Ketzerei
und eine grausame Lästerung enthielten, die von allen-Frommen ver¬
wünscht und verflucht werden müsse. Man berichtet nämlich, der Kaiser
habe gesagt: drei Betrüger, Moses, Jesus und Mahomed, hätten, um in
der Welt herrschen zu können, das ganze damalige Volk irre geführt.
Auch habe er mit dem heiligen Abendmahle in gottloser, ruchloser Weise
Possen getrieben. Zu solchen schrecklichen Lästerungen habe er Mund und
i) Matth. Paris., p. 326.