Full text: Theoretisch-praktisches Handbuch für den Anschauungsunterricht

dafür außer dem Schlupfloch noch eine andere kleinere Oeffnung im 
Neste lassen, um ihn beim Brüten durchzustecken. In 18 Tagen brütet ste 
übrigens ihre 4 — 6 schmutzig grünen, mit grauen Tüpfeln und 
Strichelchen schattirten Eier aus. Die Knaben auf dem Lande lassen 
nicht selten von den Elstern in benachbarten Bäumen Hühnereier ausbrüten, 
holen aber am bestimmten Tage die kleinen Küchlein wieder heraus, die wohl 
schwerlich stiegen lernen würden. Daß sic hernach von so wundersamen Hüh- 
nern viel halten, versteht sich von selbst. 
Ter Verdacht, den die Betrachtung der Füße und des Schnabels der 
Elster in uns hinsichtlich ihrer Nahrung erregt, bestätigt sich vollkommen, 
denn sie begnügt sich nicht mit Eicheln, Buchnüssen, Obst und Wur¬ 
zeln, nicht einmal mit Würmern und Znsecten, sondern sie fängt kleine 
Dögel und stiehlt die jungen Tauben aus dem Schlage und die Küken 
vom Hofe. Im Winter muß sie sich dagegen auch sehr kümmerlich behelfen; 
doch findet sie wohl in der Nähe menschlicher Wohnungen ihr Theil. 
Ihr diebisches Wesen beschränkt sich nicht auf das, was sie zu ihrer 
Nahrung bedarf; sie kann, wie der Rabe und die Dohle, nicht gut glän¬ 
zende Dinge liegen lassen, sondern stiehlt sie aus den Zimmern, deren Fen¬ 
ster geöffnet sind und verbirgt sie in ihrem Neste. 
Ihre Stimme ist gewöhnlich ein eigenthümliches Schackschackerack; 
im Frühling schwatzen sie besonders viel. Junge Elstern kann man leicht 
zähmen, denn sie gewöhnen sich sehr bald an das Haus und an ihren 
Herrn, lernen auch wohl, wenn das Zungenband gelöst (soll, wie Einige 
behaupten nicht nöthig sein), Wörter nachsprechen und Thierstinunen nach¬ 
ahmen, z. B. Blöcken, Bellen, Krähen und Gackern. 
15. Die Dohle. 
Sie hat in der Lebensweise ungemein viel Aehnlichkeit mit dem gemei¬ 
nen Raben und der Elster. Im Sommer halten die Dohlen sich mehr auf 
den Feldern auf, wo sie von Würmern und Infecten (Maikäfern und 
Engerlingen), aber auch von Obst und Getreide, sowie von jungen Vo¬ 
geln und Eiern leben; im Winter nähern sie sich den Wohnungen der 
Menschen und nähren sich von allerlei Abfall. Ihre natürliche Stimme klingt: 
Zack, jack! im gezähmten Zustande lernen sie aber, wie die Elster, Wörter 
nachsprechen. Sie sind ebenso diebisch, aber noch listiger und scheuer, 
als die Elster. Ihr Nest bauen sie ebenfalls aus Baumreisern u. s. w., 
ssdoch fast nie in Bäumen, sondern in altem Gemäuer, auf Thürmen, 
Schornsteinen u. s. w. • Die 3 — 5 Eier, welche das Weibchen legt, sind 
blaßgrün und dunkelgesleckt. 
In nördlichern Gegenden ist die Dohle ein Zugvogel und kömmt im 
Herbste schaarenweise bei uns an. Wird dann auch bei uns die Nahrung 
knapp, so zieht sie weiter südwärts und sucht unsere Dohlen mit zu ver¬ 
locken; diese bleiben jedoch meistens auch den Winter über bei uns. Im 
Frühling kehren jene wieder zurück. 
Die Dohle ist so groß, als die Elster, stimmt aber nicht ganz in Fuß- 
und Schnabelbildung mit ihr überein. Sie ist aber anders gefärbt und bat 
keinen so langen Schwanz. Viele sind fast überall schiefergrau, viele auch 
auf dem Rücken und am Schwanz schwarz, in'ö Violette schillernd und am
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.