12
Ostpreußen. Weichsel.
Wagen so weit ins Wasser hinein, daß er das Schiff aufnehmen kann. Durch Maschinen
wird der Wagen samt dem Schiffe die Ebene heraufgezogen. Ist der Wagen auf der
Höhe der geneigten Ebene angekommen, so fährt er über dieselbe hinweg in die nächste
Kanalstrecke hinein, und zwar so weit, bis das Schiff wieder vom Wasser getragen wird.
Während so ein Schiff heraufgezogen wird, wird gewöhnlich auf dem daneben liegenden
Geleise ein Schiff hinabgeführt.
§ 16. Ostpreußen (37000 qkm, fast 2 Mill. E.). Gieb Lage und Grenzen
der Provinz nach der Karte an I Im S. wird Ostpreußen von einem seeenreichen
Landrücken durchzogen. Erzähle von den Gewässern der Provinz! Welche Volks¬
stämme wohnen in der Provinz? Ostpreußen zerfällt in 2 Rgbz.: Königsberg
und Gumbinnen.
Königsbergs Hptst. am Pregel, 150000 E., Residenz- und Krönungsstadt, stark be¬
festigt. Univers., treibt bedeutenden Handel. Die größten Seeschiffe bleiben in dem be¬
festigten Vorhafen Pillau, weil das Haff für sie zu seicht ist. — Bon Pillan bis Brüster -
ort (N.W.-Spitze der Halbinsel Samland) zieht sich die Bernsteinküste hin. —Brauns-
berg, an der Passarge, im kathol. Ermlande. In Frauenbnrg am Frischen Haff lebte
Koperuikns als Domherr. In Gumbinnen befindet sich ein Standbild Friedrich
Wilhelms I. Insterburg, Kreuzungspunkt für mehrere Eisenbahnen. Memel, am
Memcler Tief, Deutschlands nördlichster (befestigter) Seehafen. — Geschichtlich wichtige Orte
sind: Tilsit, Pr. Eylau, Friedland a. d. Alle, Tanucnberg.
*§ 17. J>ie Weichsel, a. Lauf. Sie entspringt in den Karpaten und
fließt in einem großen Bogen, der nach W. geöffnet ist, durch Galizien (Krakau)
und Polen (Warschau). Oberhalb Thorn tritt sie in Wcstpreußen ein. Sie fließt
zuerst in einem Thale dahin, bei Kulm, Schwetz, Graudenz, Marienwerder vor¬
bei und ergießt sich in mehreren Mündungsarmen (die bedeutendsten: Weichsel
u. Nogat) in die Ostsee. — I). Dampf- und Segelschiffe, besonders mit Getreide
beladen, beleben den Strom; auch viele Flöße fahren stromabwärts. Die Schiff¬
fahrt ist aber erschwert; denn viele kleine Inseln befinden sich in der Weichsel.
Auch bilden sich fortwährend neue Sandbänke und Inseln, während das Wasser
ältere, schon fruchtbar gemachte Anschwemmungen mit sich fortreißt. Kähne und
Flöße bedürfen darum fast überall erfahrener Lotsen, um vorwärts zu kommen.
— 6. Der bedeutendste Nebenfluß der Weichsel auf der l. Seite ist die Brahe,
welche durch den Bromberger Kanal mit der Netze verbunden ist. Der
Bug ist der größte Nebenfluß der Weichsel auf der r. Seite. Er ist durch den
Königskanal mit einem Nebenfluß des Dnjepr verbunden. Dadurch ist eine
Wasserstraße von dem Schwarzen Meere zur Ostsee hergestellt. — d. Das
Weichseldelta. Das Tiefland um die Mündungsarme der Weichsel heißt: die
Niederung; die etwas höher gelegenen Stellen derselben nennt man Werder.
Die Niederung ist angeschwemmtes Land und durchweg sehr fruchtbar. Ackerbau
und Viehzucht stehen in Blüte. Viele Gräben und Kanäle durchziehen das Land.
Die Gräbenufer sind mit Weiden oft in mehreren Reihen nebeneinander bepflanzt.
Hohe Dämme (5—8 in hoch) schützen das Land vor Überschwemmung. Sie sind
oben so breit, daß zwei Wagen nebeneinander fahren können, und werden nach
unten immer breiter. Im Frühjahr und Herbst sind die Wege fast unpassierbar,
da der Regen den Boden aufweicht. — e. Die Bewohner der Weichsel-
niederung sind zum Teil Nachkommen der Holländer, welche als Kolonisten von
den Ordensrittern ins Land gerufen wurden, Dämme bauten und die Niederung
aus einem Sumpfe in fruchtbares Ackerland umwandelten. Unter ihnen sind viele
M enno niten, das sind evangel. Christen, welche die Kindertaufe verwerfen und
nur Erwachsene taufen. Auch halten sie den Eid für unerlaubt, und es ist ihnen nach¬
gegeben, vor Gericht statt des Schwures nur das Jawort mit Handschlag zu geben.