Full text: Deutsches Lesebuch für einfache Schulverhältnisse

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schossen und zum Theil zerstört wurde (1684). Der stolze Ludwig 
bestand darauf, daß der Doge selbst zum Abschluß des demüthigenden 
Friedens nach Versailles komme. 
Dritter Eroberungskrieg Ludwigs XIV., 1688—1697. Bei 
dem Tode des kinderlosen Kurfürsten Karl vou der Pfalz 
machte Ludwig im Namen seiner Schwägerin, der Herzogin von 
Orleans, einer Schwester des Kurfürsten, Ansprüche auf dessen 
Länder, und während der Kaiser und die deutschen Fürsten Bundes¬ 
genossen zur Abwehr dieser Forderung suchten, fiel der Dauphin 
an der Spitze von 80,000 Mann in die Rheinpfalz ein (1688). 
Gegen Frankreich verbündeten sich Holland, England, Spanien und 
Savoyen mit dem Kaiser. Die Pfalz wurde, auf Louvois' Befehl, 
durch Mälae furchtbar verwüstet. Das alte kurfürstliche Schloß 
zu Heidelberg wurde in die Luft gesprengt; die bedeutendsten 
Städte und unzählige kleineren Orte gingen in Flammen auf; die 
Einwohner wurden, aller Habe beraubt, zur Flucht gezwungen. 
Die ganze Pfalz sollte in eine Wüste verwandelt werden, damit 
Frankreichs Ostgrenze gedeckt sei, so lautete des Königs ausdrück¬ 
licher Befehl. Das härteste Schicksal erfubren die alten Reichs¬ 
städte Spei er und Worms, die, nachdem sie, um Schonung zu 
erkaufen, alle erdenklichen Opfer gebracht, in Aschenhaufen ver¬ 
wandelt wurden (1689). In den Niederlanden waren die Fran¬ 
zosen unter dem Marschall von Luxemburg siegreich in den 
Schlachten bei Flenrus (1690), bei Steenkerken (1692) und 
bei Neerwind en (1693); dagegen wurde die französische Flotte 
unter dem Admiral Tourville in der Bucht von La Hogue 
von den Engländern zerstört (1692). Nachdem Ludwig den Herzog 
von Savoyen durch einen günstigen Frieden zum Rücktritt von dem 
Bündniß mit dem Kaiser bewogen, schloß er mit den übrigen 
Mächten den Frieden von Ryswick (1697). Holland erlangte 
in demselben wichtige Handelszugeständnisse und Wilhelm III. die 
Anerkennung seiner Herrschaft in England. Spanien erhielt alle 
von Frankreich gemachten Eroberungen, mit Ausnahme der reunirten 
Dependenzen, der Kaiser aber Freiburg, Breisach, Kehl und Phi¬ 
lippsburg gegen die Anerkennung des Besitzes von Straßburg zurück. 
Die Rheinpfalz kam an den Pfalzgrafen Philipp von Neu¬ 
burg. Der Grund, weßhalb Ludwig sich bei diesem Friedens¬ 
schlüsse so großmüthig gezeigt, lag darin, daß der kinderlose König 
Karl II. von Spanien dem Tode nahe war und sich dadurch für 
Ludwig die Aussicht auf einen ungleich größeren Ländererwerb 
eröffnete, für welchen er die nöthigen Vorkehrungen zu treffen 
wünschte.
	        
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