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41. Gito der Große und Hermann Billung.
41. Otto der Große und Hermann Billung.
war um das Jahr 940 n. Chr. Geburt, da hütete nicht weit von Stübecks-
^ Horn in der Lüneburger Heide ein vierzehnjähriger Knabe die Herde
seines Vaters. Da kam ein prächtiger Zug von gewappneten Rittern daher-
5 gezogen, stolz zu Roß. Der Knabe sieht mit Lust die blinkenden Helme und
Harnische, die glänzenden Speere und die hohen Reitersleute an. Die aber
biegen plötzlich von der sich krümmenden Straße ab und kommen querfeldein auf
die Stelle zugeritten, wo er das Vieh weidet. Und das Feld ist doch keine
Straße, und es gehört doch seinem Vater! Er besinnt sich kurz, geht kühn auf
10 die Reiter zu, stellt sich ihnen in den Weg und ruft ihnen entgegen: „Kehrt
um, die Straße ist euer, das Feld ist mein!" Ein hoher Mann, auf dessen
Stirn ein majestätischer Ernst thront, reitet an der Spitze des Zuges und sieht
verwundert den Hirten an, der es wagt, ihm entgegenzutreten. Er hält sein
Roß zurück und hat seine Freude an dem mutigen Knaben, der so kühn und
15 furchtlos seinen Blick erwidert und nicht vom Platze weicht „Wer bist du,
Knabe?" — „Ich bin Hermann Billungs ältester Sohn und heiße auch
Hermann, und dies ist meines Vaters Feld; Ihr dürft nicht hinüberreiten!" —
„Ich will's aber, Knabe", erwidert der Ritter mit drohendem Ernst; „weiche,
oder ich stoße dich nieder!" Dabei erhebt er den Speer. Der Knabe aber
20 bleibt furchtlos stehn, sieht mit blitzendem Auge zu dem Ritter hinauf und
spricht: „Recht muß Recht bleiben, und Ihr dürft nicht über das Feld reiten,
Ihr reitet denn über mich hinweg!" — „Was weißt du vom Recht, Knabe?"
— „Mein Vater ist der Billung, und ich werde es nach ihm; vor einem
Billung darf niemand das Recht verletzen!" — Da ruft der Reiter noch
25 drohender: „Ist denn das recht, Knabe, daß du deinem Könige den Gehorsam
versagst? Ich bin Otto, dein König!" — „Ihr seid Otto, unser König,
Deutschlands Hort und Sachsens Zierde, von dem mein Vater uns so viel
erzählt? Otto, Heinrichs des Sachsen Sohn? Rein, Ihr seid es nicht! Der
König schützt das Recht, und Ihr brecht das Recht! Das tut Otto nicht, sagt
30mein Vater!" — „Führe mich zu deinem Vater, braver Knabe!" antwortete
der König, und eine ungewöhnliche Milde und Freundlichkeit glänzte auf
seinem ernsten Angesichte. „Dort ist meines Vaters Hof, Ihr könnt ihn
sehen", sagte Hermann, „aber die Rinder hier hat mein Vater mir anver¬
traut, ich darf sie nicht verlassen, kann Euch also auch nicht führen. Seid
35 Ihr aber Otto, der König, so lenkt ab vom Felde auf die Straße; denn der
König schützt das Recht!"
Und der König Otto, der Große genannt, gehorchte der Stimme des
Knaben — denn der Knabe hatte recht — und ritt zurück auf die Straße. Bald